16.3.
Unstatthaftigkeit einer auf Verletzung der Statuten einer Aktiengesellschaft gestützten Nichtigkeitsbeschwerde. Streitigkeiten zwischen einer Aktiengesellschaft und einem ihrer Aktionaire
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Nr. 57.
Nnstatthastigkeit einer auf Verletzung der Statuten einer Aktien-
gesellschaft gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.
Streitigkeiten zwischen einer Aktiengesellschaft und einem
ihrer Aktionaire.
Erkenntniß des Reichs-Dberhandelsgerichts vom 20. April 1872
(II. Senat) in Sachen des Rentners Anatole Bartholony zu Paris
wider die Aktiengesellschaft für Bergbau und Hüttenbetricb Phönix zu
Laar (II. Instanz: Appellationsgericht Hamm):
Die Nichtigkeitsbeschwerde besaßt sich nicht weiter mit der Frage
in Betreff der Gültigkeit des im § 43 der rcvidirten Statuten der Ge-
sellschaft Phönix enthaltenen Kompromisses. Ihr Angriff richtet sich
allein gegen die Entscheidung des Appellationörichtcrs, daß der Fall,
wo das in § 43 angeordnete Schiedsgericht eintretcn und die Kompetenz
des ordentlichen Richters ausgeschlossen sein soll, vorlicge:
daß cs sich um Streitigkeiten zwischen der Gesellschaft und
einem Aktionair in Beziehung auf die dem Letzteren nach dem
rcvidirten Statut zustehenden Rechte handele.
So weit der Angriff zunächst auf Verletzung der Statuten der
Gesellschaft Phönix gestützt wird, steht ihm entgegen, daß diese Statuten
keine Rechtsquelle im Sinne der Verordnung vom 14. December 1833
sind. Sie bilden einen privatrechtlichen Vertrag und verlieren diese
Natur nicht durch die landesherrliche Bestätigung, deren es nach den
zur Zeit ihrer Errichtung bestehenden Gesetzen bedurfte, die im öffent-
lichen Interesse erfolgte, den privatrechtlichen Charakter der Gesellschaft
aber nicht änderte und den Bestimmungen des Gesellschaftsvertrages die
Natur der gesetzlichen Vorschriften nicht verlieh. Das Gegentheil hier-
von folgt auch nicht aus § 2 der Einleitung zum Allgemeinen Landrecht,
da bei den dort bezeichneten Statuten einzelner Gemeinheiten u. s. w.,
die durch die landesherrliche Bestätigung Kraft der Gesetze erhalten, an
staatlich genehmigte Verträge von Privatgesellschaften nicht zu denken
ist, darunter vielmehr Rechtsnormen zu verstehen sind, die durch die
landesherrliche Bestätigung in die Reihe der geschriebenen Gesetze treten.
Der Gesichtspunkt, unter dem die Nichtigkeitsbeschwerde zu prüfen
ist, ist also der, nicht ob der Appellationsrichter durch seine Annahme,
daß es sich im untergebenen Falle um einen Streit zwischen einem
Aktionair und der Gesellschaft über die Rechte des Ersteren handele,
das Gesellschaftsstatut richtig ausgelegt, sondern ob er durch diese Aus-