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deutung. Der Aufsatz: „Uebergang der Gefahr auf den Käufer nach den
Bestimmungen des A. D. H. G. B.'s" (S. 88) constatirt, daß Art. 345
a. a. O. nur den äußersten Moment fixirt, von welchem an jedenfalls die
Gefahr auf den Käufer übergeht, und zwar lediglich in Bezug auf den Di-
stance-Kauf und beantwortet die Frage: wann die Gefahr übergeht? bei be-
dingten und unbedingten, bei alternativen Käufen, beim Genuskauf, beim
Platz- und Distancegeschäft wesentlich auf Grund gemeinrechtlicher Bestimmungen,
schließt daran den Einfluß der culpa, der mora, und erwägt dieselbe schließlich
bei dem Verkauf von fremden Sachen und bei dem mehrmaligen Verkauf
einer Sache.
Mit dem Ergebniß der in dem Aufsatz: „lieber die Beweislast im Falle
des Art. 55 des H. G. B." (S. 132) entwickelten Ansichten kann man
sich einverstanden erklären, wenn der Verfasser, wie anzunehmen, die von
ihm mitgetheilte Deduktion des Oberhandelsgerichts zu Stuttgart nur zu b.
hat für unrichtig erklären wollen. Die S. 81 ff. mitgetheilte Abhandlung:
„Die Berechnung des Schadens, wenn im Falle des Art. 355 H. G. B. der
Käufer Schadensersatz wegen Nichterfüllung fordert," kommt zu dem gewiß
richtigen Resultat, daß, wenn der Käufer dem Verkäufer eine Frist zur Nach-
holung des Versäumten — Uebergabe der Waare — gewährt hat, und diese
fruchtlos verstreicht, er die Differenz zwischen dem Kaufpreise und dem Preise,
den die Waare bei Ablauf der Frist gehabt, fordern kann. Sie scheint uns
darin aber zu weit zu gehen, wenn sie dem Käufer, falls die Waare nach
dem Eintritt des Verzuges gesunken und zur Zeit des Ablaufs der Nachfrist
niedriger steht, als der Kaufpreis beträgt, die Befugniß vindicirt, die Differenz
nach dem Zeitpunkt des eingetretenen Verzuges zu berechnen. Motivirt wird
die Ansicht nur durch die Bemerkung, daß zu jenem Preise bei Eintritt des
Verzugs der Käufer die Waare hätte umsetzen können und doch erkennt der
Verfasser an, daß der Käufer bis zum Ablauf der Frist gebunden bleibt und
daß er den Schadensersatz wegen Nichterfüllung erst nach fruchtlosem Ablauf
derselben begehren kann. Durch Gewährung der Nachfrist wird aber die Er-
füllungszeit prorogirt und anderweit fixirt. Der Käufer wird, wenn die
Waare im Preise sinkt, nicht Schadensersatz wegen Nichterfüllung fordern,
sondern vom Vertrage abgehen. Der Fall ist nicht gleich dem, wo der Käufer
Erfüllung und Schadensersatz wegen verspäteter Erfüllung fordert, da hier
eine Frist überhaupt nicht gewährt zu werden braucht. Tritt die Berechtigung
des Käufers, Schadensersatz wegen Nichterfüllung zu fordern, erst mit dem
Moment des Ablaufs der Nachfrist ein, so kann er seinem Schadensanspruch
keine andere Faktoren zum Grunde legen, als die durch jenen Moment bedingten.