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Werthstempel anderweitig regulirte, wenn unter mehreren „Erben" eine
Auseinandersetzung erfolgte. Indessen auch diese Vorschrift ist durch
die neuere, noch jetzt geltende Kabinets-Ordre vom 21. Juni 1844 auf-
gehoben, und wenn nun in dieser neuesten, noch jetzt geltenden gesetz-
lichen Vorschrift wiederum, statt des Wortes „Erben", die allgemeinere
und dehnsamere Bezeichnung „Theilnehmer an einer Erbschaft" gewählt
und wiederhergestellt ist, so berechtigt der Wortlaut der mehrgedachten
Kabinets-Ordre zu einer so restriktiven Auslegung und Anwendung,
wie sie die Nichtigkeitsbeschwerde behauptet, gewiß nicht.
Aber auch der im Eingänge der oft gedachten Allerhöchsten Ka-
binets-Ordre ausdrücklich angegebene Zweck derselben: die Erleichterung
der Erbschaftstheilungen, widerspricht einer derartigen beschränkenden
Unterscheidung. Tritt der Erbschaftskäufer in alle Rechte und Pflichten
des Erben,
— § 45 a. a. O. —
so kann er nicht bloß selbst auf Erbthcilung antragen,
— § 117 Th. I Tit. 17 des Allgem. Landrechts —
sondern er muß umgekehrt auch seinerseits auf eine solche, wenn sie
von den übrigen Miterben nachgesucht wird, sich einlassen. Sollen nun
die Erbtheilungen nach dem erklärten Zwecke des Gesetzgebers durch
die bewilligte Freiheit vom Procentstempel erleichtert werden, so liegt
kein ersichtlicher Grund vor, diese Wohlthat willkürlich da auszuschließen,
wo neben den übrigen ursprünglichen Miterben durch einen Erbschastskauf
ein Fremder in den Kreis der Gleichberechtigten und Miteigenthümer
eingetretcn ist, also in einem Falle, wo gerade eine baldige Aufhebung
der Gemeinschaft, d. h. eben die Theilung, um so wünschenswerther
erscheinen wird. Den Worten, wie dem Sinne nach hat die Allerhöchste
Kabinets-Ordre vom 21. Juni 1844 nicht bestimmte Personen, namentlich
die unmittelbaren Erben besonders begünstigen, sondern die Erbschasts-
theilungen, also das Geschäft, objektiv erleichtern wollen.
Es ist aber auch nicht richtig, wenn die Implorantin vermeint,
der § 456 a. a. O. regulire nur das Verhältniß zwischen dem Erb-
schaftskäufer und dem Erbschaftsverkäufer. Zu einer solchen beschränkten
Auffassung nöthigt weder der generelle Wortlaut der §§ 454 und 456,
noch, wie die Nichtigkeitsbeschwerde meint, deren Stellung. Sie be-
finden sich unter der Rubrik:
Was unter einem Erbschaftskaufe begriffen sei, oder nicht?
und der Gegensatz dieses Marginales zu dem folgenden (zu den
§§ 462-472)
Verhältnisse in Ansehung der Legatarien, Gläubiger und Schuldner!