Full text: Beiträge zur Erläuterung des deutschen Rechts (Jg. 16 = N.F. Jg. 1 (1872))

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II. Theil des A. L. R. einen Druckfehler darstellt, (von Kamptz,
Jahrbücher 43 S. 445, 50 S. 469.)
Zu den durch das erwähnte Gesetz ausdrücklich aufgehobenen Vor-
schriften gehört aber auch die des § 407 Th. I Tit. 14 des A. L. R.,
wonach eine Frauensperson nur gerichtlich expromittiren kann. Da nun
die Expromission als privative Intercession im Verhältniß zur einfachen
Bürgschaft, die den Hauptschuldner nicht von der Schuld befreit, ein
Uagus bildet (vergl. § 401 daselbst), so ist die Folge, daß nach dem
Willen des Gesetzgebers, welcher die Expromission von der bisherigen
erschwerenden Form befreit, ohne Zweifel dasselbe auch für die einfache
Bürgschaft gelten soll. Ueber die Form der Bürgschaft einer Ehefrau
auch für den Fall, wo der Vortheil des Mannes nicht besonders in
Betracht kommt, verhalten sich speciell die §§ 343, 344 Th. II Tit. 1
des A. tf. R. Danach muß die Bürgschaft gerichtlich unter Zuziehung
eines Beistandes bestellt werden. Der § 343 umfaßt bezüglich der
Bürgschaft die specielle Regel und betrifft, wie im vorigen Erkenntnisse
richtig betont wird, grade den jetzt streitigen Fall. Beide Paragraphen
sind aber ausdrücklich durch das beregte neue Gesetz aufgehoben, wes-
halb an Stelle der gerichtlichen Form die der bloßen schriftlichen tritt.
(§ 203 Th. I Tit. 14 des A. L. R.)
Wenn nach der obigen Entwickelung die citirten § 198 folgende
nicht allein den gegenwärtigen Fall überhaupt nicht berühren, sondern
auch kraft des Gesetzes vom 1. Dezember 1869 für den Fall, daß es sich
um Bürgschaften einer Ehefrau handelt, außer Kraft gesetzt worden sind,
so ergiebt sich die Hinfälligkeit der Rüge eines Verstoßes gegen jene
Paragraphen durch Nichtanwendung, und folgeweise auch der Rüge einer
Verletzung eben dieses Gesetzes, so wie der durch selbiges beseitigten
220 Th. I Tit. 14 und 343 Th. II Tit. 1 des A. L. R., in An-
sehung deren nicht erhellt, wie die gemachte Rüge nach der Intention
der Implorantin aufzufassen ist. Die erhobene Nichtigkeitsbeschwerde
war demnach zurückzuweisen.

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