Full text: Beiträge zur Erläuterung des deutschen Rechts (Jg. 43 = 6.F. Jg. 3 (1899))

Dr. Droop, Der Rechtsweg in Preußen.

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nehmenIch meine, daß damit der angeblichen Hülfslosigkeit der
Partei abgeholfen werden könnte. Im Jahre 1847 bedurfte es dieser-
halb keines Gesetzes. Für die Auslegung des § 2 können die jetzigen
Rechtsverhältnisse, welche sich etwa durch die Einrichtung der Verwal-
tungsgerichte gebildet haben, nicht in Betracht kommen.
Die weiteren Gründe der Mehrheit des Komp.G.H. bedürfen kaum
einer Widerlegung. Es wird ausgeführt, daß nach den Verhandlungen,
welche dem Gesetze von 1847 vorangingen, nicht beabsichtigt worden sei,
den § 2 auf negative Kompetenzkonflikte auszudehnen. Dem entsprechend
habe der Referent den § 20 der Fassungskommisston mit dem Schluß-
sätze vorgelegt:
In den Fallen dieser Art findet jedoch die Vorschrift des § 2
keine Anwendung.
Die Fassungskommission hat jedoch diesen Satz gestrichen, und
zwar nach der Mittheilung „einzelner Mitglieder derselben", weil sie
ihn für überflüssig erachtete. Ich kenne die Vorverhandlungen über das
Gesetz nicht und lege auf sie gegenüber der lsx lata ebenso wenig Ge-
wicht als auf die gelegentlichen Aeußerungen „einzelner" Mitglieder der
Fassungskommission. Wäre es die Absicht des Gesetzgebers gewesen,
dem Komp.G.H. beim negativen Kompetenzkonflikt die Befugniß beizu-
legen, rechtskräftige Urtheile der Gerichte aufzuheben, so würde dieselbe
doch nicht allein durch den Zusatz zu § 20, sondern nur durch eine
klare Vorschrift zum Ausdruck gebracht sein. Daran fehlt es aber.
In dem Bericht des Komp.G.H. wird schließlich gesagt, es sei er-
wogen, ob nicht ein Gesetz beantragt werden müsse, durch welches die
Anwendbarkeit des § 2 auf den negativen Kompetenzkonflikt ausgeschlossen
werde, weil die Gerichte nicht gezwungen werden könnten, gegen ihre
Ueberzeugung zu sprechen. Es ist jedoch davon Abstand genommen,
weil die Entscheidung des Gerichtshofes für jeden Richter bindend sei.
Daß diese Erwägung sich nur auf preußische Richter bezieht, bedarf
keiner Ausführung.
Ich meine, hiermit den Beweis geführt zu haben, daß die V.O.
vom 1. August 1879 nicht bloß die nach dem G.V.G. erforderliche,
und durch K 17 des Eins. Ges. der Landesgesetzgebung überlassene Um-
gestaltung des Komp.G.H. und des Verfahrens vor demselben vorge-
noinmen, sondern das preußische Recht in einem erheblichen Punkte ge-
ändert hat. Wie schon erwähnt, will ich nicht erörtern, welche recht-
liche Bedeutung die V.O. für die preußischen Gerichte und Verwaltungs-
behörden (gemäß Art. 106 der preuß. Verf.Urk.) besitzt, ob insbesondere
ein 1847 rite erlassenes und publizirtes Gesetz 1879 durch eine Allerh.
3J Zutreffend sagt Oppenhoff a. a. O. S. 15 Note 28, einer gesetzlichen
Vorschrift über Aufhebung von Verwaltungsakten habe es nicht bedurft, da diese
nicht in demselben Sinne wie gerichtliche Erkenntnisse rechtskräftig werden
konnten, und es überall nicht an einem Staatsorgan fehlte, um sie wieder auf-
zuheben. Dieselben Grundsätze gelten auch für den Fall, daß Verwaltungs-
behörden ihre Unzuständigkeit aussprechen.

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