Full text: Beiträge zur Erläuterung des deutschen Rechts (Jg. 43 = 6.F. Jg. 3 (1899))

Untersuchungen zu § 254 des Bürgerlichen Gesetzbuches. 379
stände bilden, welche für die Frage, ob oder in welcher Höhe Ersatz
zu leisten sei, maßgeblich werden.^)
E. Es wird endlich das Verhältniß des § 254 zu den §§ 249,
250 zu berühren sein.
1. Nach § 249 ist von dem Ersatzpflichtigen ein Zustand herzu-
stellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Um-
stand nicht eingetreten wäre. Für das Verhältniß zu § 254 wird
es sonach darauf ankommen, ob wirklich derselbe oder nur ein wirth-
schaftlich gleicher Zustand das Ziel und Ergebniß der „Herstellung"
28) Beispiel für die Bedeutungslosigkeit des guten Glaubens: A. und B.
verwechseln beim Nachhausegehen vom Weinhause ihre Hüte. A. ist hierzu durch
die bestimmte Versicherung des B. verleitet worden, daß der Hut des B. ihm,
dem A, gehöre. A. treibt in weinseliger Laune seinen ihm vermeintlich gehöri-
gen Hut ein, so daß er unbrauchbar wird. Kommt die mitwirkende Schuld des
B. in Betracht, wenn dieser Ersatz fordert? Die Frage ist zu verneinen. Für
die Sachbeschädigung als solche ist der gute Glaube rücksichtlich des vermeint-
lichen Eigenthums ganz gleichgültig. Dieser war allerdings durch die Angabe
des B. hervorgerufen oder befestigt worden, allein mit der Sachbeschädigung hat
dies nichts zu thun, zwischen jenem und dieser fehlt es an dem ursächlichen
Zusammenhänge.
Ich halte daher auch die Ausführungen Henrici S. 623 ff. dieses Jahr-
ganges der Zeitschrift für unzutreffend. Abgesehen davon, daß nicht jede wider-
rechtliche Verletzung des Rechts eines Anderen eine unerlaubte Handlung im
Sinne des § 823 ist (vergl. Jung, Delikt und Schadensersatz S. 30.), folgt aus
der Entstehungsgeschichte der hier fraglichen Bestimmung nicht, daß der Satz
„Ist die beschädigende Handlung von demjenigen, welcher sie begangen,
aus entschuldbarem Jrrthum für erlaubt gehalten, so ist derselbe nicht
zum Schadensersatz verpflichtet",
verlassen worden sei. Man ist vielmehr jederzeit von der Richtigkeit dieses
Satzes als des leitenden Gedankens ausgegangen. Ich halte daher auch den
von Henrici angefochtenen Windscheid'schen Satz für richtig. Aber entschuldbar
ist nur derjenige Jrrthum, welcher nicht aus Fahrlässigkeit beruht, und nur
wegen dieses Umstandes verpflichtet er nicht zum Schadensersatz. Der Jrrthum
als solcher ist also nicht das für die Beseitigung der Haftpflicht Entscheidende.
Wenn daher der Verfasser S. 637 sagt: „Kein Jrrthum macht die unerlaubte
Handlung zu einer erlaubten u. s. w., so setzt er hier an Stelle des entschuld-
baren Jrrthums den Jrrthum schlechtweg, und nur weil er dies thut, ist der
Satz richtig. Allein schon das folgende Beispiel zeigt, daß der Verfasser sich
von dem Satze entfernt: Der zerbrochene Krug ist zu ersetzen, weil sein Zer-
brechen aus Fahrlässigkeit beruht, nicht, weil hier der Beschädiger die falsche Vor-
stellung über das Eigenthum hatte. Der Beschädiger hat ihn nicht zerbrochen,
weil er sich für den Eigenthümer hielt. Es fehlt hier wie in dem von mir
gewählten Beispiele der ursächliche Zusammenhang zwischen der Unkenntniß und
der Sachbeschädigung.

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