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Einzelne Rechtsfällc.
darf einen auf seinem Grund und Boden befindlichen Graben, auch
wenn er diesen in eigenem Interesse gezogen hat, nicht beseitigen,
insofern durch ihn der Wasserablaus von oder nach anderen Grund-
stücken geregelt wird. (Vgl. die Motive zu dem Plenarbeschlüsse des
früheren Ober-Tribunals vom 9. April 1844, Entsch. Bd. 10 S. 245.)
Ob ein künstlich angelegter Wasserlauf diese den Grundeigenthümer
zu seiner Unterhaltung verpflichtende Eigenschaft hat, ist eine that-
sächliche Frage, bei deren Beurtheilung es auf den bestehenden Zu-
stand ankommt; denn da die Unterhaltungspflicht eine gesetzliche ist,
so hat der benachbarte Grundbesitzer nicht noch ein besonderes Recht
durch Ersitzung, oder sonst zu erwerben, um auf die Unterhaltung
eines solchen Wasserlaufes dringen zu können. Dies wird an und
für sich auch von der Nichtigkeitsbeschwerde anerkannt. Gleichwohl
soll sich ihrer Ansicht nach hier die Sache anders stellen, weil der
Ehemann der Klägerin vor etwa 7 bis 8 Jahren ohne Wissen und
Willen des Beklagten verschiedene Wasserfurchen über das klägerische
Grundstück nach dem Grenzrain gezogen, den letzteren durchstochen
und auf diese Weise das Wasser des klägerischen Grundstücks aus
das Feld des Beklagten geleitet habe. Da hiernach der Ehemann
der Klägerin "den bestehenden Zustand, dessen Erhaltung verlangt
werde, selbst und eigenmächtig geschaffen habe, meint die Nichtigkeits-
beschwerde, daß der Beklagte, welcher den von dem Ehemanne der
Klägerin hergestellten Wasserablauf zwar einige, jedoch nicht rechts-
verjährte Zeit geduldet habe, berechtigt gewesen sei, dem dadurch
eingetretenen Zustande durch die Beseitigung der streitigen Wasser-
läufe ein Ende zu machen. Dem läßt sich indessen nicht beitreten.
Die Nichtigkeitsbeschwerde übersieht, daß es sich hier nicht sowohl um
die von dem Ehemanne der Klägerin auf dem Grundstücke der Letzteren
gezogenen Wasserfurchen, als um Gräben auf dem Grundstücke des
Beklagten handelt, von denen der Appellationsrichter thatsächlich
feststellt, daß durch sie das Waffer seinen ordentlichen und gewöhn-
lichen Ablauf gehabt hat. Daraus folgt nach § 100 a. a. O. die
Verpflichtung des Beklagten, die Gräben zu unterhalten, und diese
Unterhaltungspflicht ist keineswegs davon abhängig, daß alle auf
den Grundstücken der Parteien befindlichen Gräben, welche unter
einander zusammenhängend den Wasserablauf regeln, mit Wissen und
Willen des Beklagten angelegt sind. Selbst wenn durch die Ziehung
der Wafferfurchen auf dem klägerischen Grundstücke störend in die