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Die Behandlung der Fundsachen.
Finder und dem angeblichen Verlierer im besonderen Prozesse zun
Austrage zu bringen. Entsteht dieser Streit vor Erlassung de-
Aufgebots, oder erhebt zwar der Finder keinen Anspruch aus die
Sache, kann aber dem Richter kein genügender Nachweis des frü-
heren Besitzes seitens des angeblichen Verlierers geliefert werden,
so muß mit dem Aufgebote verfahren werden. Meldet sich in Folge
des Aufgebots kein Anderer, so wird die Sache, ohne daß es eines
Erkenntnisses bedarf, an den angeblichen Verlierer herausgegeben,
falls der Finder keinen Anspruch darauf macht. Erhebt der Finder
Anspruch, so bildet die Entscheidung des Prozeßrichters die Grund-
lage für das Urtheil des Aufgebotsrichters, §§ 57 bis 60 1. c.
Gesetzrevisor bei Roenne, Ergänzungen zu A.L.R. I. 9 §§ 57 bis 60.
Soweit die Vorschriften des Allgemeinen Landrechts. Die
weiteren Bestimmungen der §§ 62 bis 73 1. c. kommen hier nicht
in Betracht.
Zn der Praxis aber hat man stets die Fundsachen, deren Zu-
schlag beantragt war, anders behandelt, als diejenigen Fundsachen,
bei denen ein solcher Antrag fehlte. Indem man davon ausging,
daß auf Niemanden wider seinen Willen Eigenthum übertragen
werden kann, und daß jede Sache mit der Zeit dem Verderben oder
der Entwerthung ausgesetzt ist, wurden Fundgegenstände der letzteren
Art ohne vorgängiges Aufgebotsverfahren veräußert und die Erlöse
ad deposita genommen, um demnächst an die Zustizoffizianten-
Wittwenkasse abgeführt zu werden. Hierbei waren, in den größeren
Städten wenigstens, die Polizeibehörden insofern mitthätig, als sie
die Fundanzeigen und Fundgegenstände entgegennahmen und den
Verkauf der letzteren bewirkten.
Es fragt sich nun, inwieweit die landrechtlichen Vorschriften
durch die neuere Gesetzgebung eine Aenderung erfahren haben.
Das maßgebende neuere Gesetz ist der § 23 des Ausführungs-
gesetzes zur Civilprozeßordnung.
Die §§ 20 und 21 dieses Gesetzes behandeln das Aufgebots-
verfahren zum Zwecke der Krastloserklärung von Urkunden und der
Löschung von Hypothekenkosten, der § 22 betrifft das Aufgebot
eines Verschollenen, die §§ 24 und 25 enthalten Vorschriften über
die öffentliche Bekanntmachung eines Aufgebots, die Aufgebotsfristen
und die in Aufgebotssachen zu leistenden Eide, der § 26 disponirt
über die Uebertragung von Aufgebotssachen an ein anderes, als