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Einzelne Rechtsfälle.
daß nach der Behauptung des Klägers der Beklagte diesem vor
der Verheirathung versprochen habe, er werde ihm nach der Ehe:
lichung seiner Tochter in kürzester Zeit als deren Mitgift ohne
ihre Ausstattung ein baares Kapital von 600 Thlr. auszahlen,
und ferner,
daß aus die Einrede des Beklagten der Kläger replizirt habe, die
Eheschließung seinerseits habe unter der Bedingung stattgefunden,
daß der Beklagte als Gegenleistung außer der seiner Tochter
anderweit zugesicherten Naturalausstattung noch 600 Thlr. sofort
nach der Eheschließung zahlen werde.
Der Appellationsrichter, welcher das den Kläger abweisende
Erkenntniß der ersten Instanz bestätigt hat, beschränkt sich aus
folgende Gründe:
„Das Fundament der Klage ist „Versprechen einer Mitgift",
welches nach allgemeinen Grundsätzen der Schriftform bedarf.
Erst in der Replik, durch den Einwand des Verklagten auf die
Hinfälligkeit der Substanziirung der Klage hingewiesen, hat der
Kläger den Angriff geändert und den Vertrag über Handlungen
als Fundament aufgestellt.
Eine derartige Aenderung war nach A.G.O. I. 10 § 5 a ver-
spätet und unzulässig; sie kann auch in zweiter Instanz nicht
zugelassen werden, wie dieses in der Entscheidung des Ober-
Tribunals Bd. 66 S. 138 ausgeführt ist."
Diese Begründung läßt die Rechtsmeinung des Appellations-
richters, von welcher aus er das „Versprechen einer Mitgift" dem
„Vertrage über Handlungen" gegenüberstellt, nicht erkennen. In-
dessen der Appellaiionsrichter bemerkt, daß der Kläger durch den
Einwand des Beklagten auf die Hinfälligkeit der Substanziirung
der Klage hingewiesen worden sei. Er nimmt also an, daß das
„Versprechen einer Mitgift", welches das Fundament der Klage bildet,
aus den vom Beklagten vorgebrachten Gründen hinfällig sei. Der
Beklagte aber hatte in der Klagebeantwortung, auf welche der
Appellationsrichter sich hiernach bezieht, gegen die Klage unter An-
derem eingewendet, daß jedenfalls kein solcher Vertrag vorliege, in
welchem unter der Bedingung oder zum Zweck der zu schließenden
Ehe etwas versprochen sei, daß daher A.L.R. I. 11 § 1048 nicht
zur Anwendung komme. Es muß nach Vorstehendem angenommen