Full text: Beiträge zur Erläuterung des deutschen Rechts (Jg. 25 = 3.F. Jg. 5 (1881))

584 Die Erweiterung des Klageantrages in der Berufungsinstanz.

Die Vorschrift beruht anscheinend lediglich auf dem Zweck-
mäßigkeitsgrunde, einer Vervielfältigung der Prozesse entgegenzu-
treten. Es kann namentlich zu ihrer Rechtfertigung nicht die Iden-
tität des Klagegrundes angeführt werden; denn die Identität des
Rechtsgrundes des Anspruchs hat noch keineswegs eine Identität
aller Vertheidigungsmittel gegen den früheren und den erweiterten
zur Folge. Dem hinzugetretenen Rest-Anspruche aus dem Darlehns-
geschäfte kann der Einwand der nicht erhaltenen Valuta entgegen-
stehen, während möglicher Weise dem ursprünglichen Ansprüche gegen-
über diese Einrede nicht zu begründen war; dem hinzugetretenen
Rest-Kaufgelderanspruche kann der Einwand aus § 222 A.L.R. 1.
11 zur Seite stehen, dem Klageanspruche gegenüber aber die Einrede
versagen und dergleichen mehr.
Es giebt im Allgemeinen für den Beklagten keinen Schutz gegen
die Erweiterungs-Befugniß des Klägers, da das Recht des Beklagten,
eine Widerklage auf Feststellung des Nichtbestehens der ganzen For-
derung zu erheben, mit der Pflicht verknüpft ist, die Beweislast für
das Nichtbestehen des Anspruchs zu übernehmen — eine Pflicht, der
gerecht zu werden, in den meisten Fällen sehr schwierig ist. Mir
dem Einwande, daß der Vertheidigung dadurch eine Znstanz ent-
zogen und dieselbe mit allem thatsächlichen Vorbringen gegen diesen
neuen Anspruch auf die Verhandlung vor dem Berufungsrichter be-
schränkt werde, kann sich Beklagter nicht schützen. Dies folgt aus
§ 491 Abs. 2 und ebenso aus § 500 C.P.O., da keiner der dort
aufgeführten ausschließlichen 5 Fälle, in denen die Zurückweisung
in die erste Instanz erfolgen soll, zutrifft; ebensowenig kann voi
einem wesentlichen Mangel des Verfahrens erster Znstanz gemäs
§ 501 C.P.O. in solchem Falle die Rede sein. Es würde auch den
Beklagten nichts frommen, wenn er geltend machen wollte, es könn
von einem Berufungsuriheil nicht die Rede sein, in Beziehung
auf einen Anspruch, über welchen noch kein anderer Richter judizir
hat; denn durch die Zulassung der Erweiterung ist der erweitert
Anspruch kraft gesetzlicher Fiktion in dem „zuerkannten oder ab
erkannten Anspruchs in Bezug auf die Frage der Zulässigkeit de
Berufung mitinbegriffen. „Gegenstand der Verhandlung und Ent
scheidung des Berufungsgerichts sind alle einen zuerkannten ode
aberkannten Anspruch betreffenden Streitpunkte, über welche in Ge
mäßheit der Anträge eine Verhandlung und Entscheidung erforder

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