Full text: Beiträge zur Erläuterung des deutschen Rechts (Jg. 25 = 3.F. Jg. 5 (1881))

und den Sachverhalt einer vord. Instanz.

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Amlswegen alle früheren Erklärungen berücksichtigen müsse, bezeichnete
der Direktor von Amsberg diese Auffassung als unrichtig. „Nach
§§ 467 — 488 d. G. — hätten die Parteien bei der mündlichen
Verhandlung in der zweiten Instanz alles Wesentliche vorzutragen.
Was also nicht mündlich vorgetragen, worauf nicht Bezug genommen
worden, das wisse der zweite Richter nicht."
(Protokolle der Justiz-Kommission S. 239.)
Bei dem Widerspruch, in den — nach Obigem — diese An-
sicht mit dem Texte des Gesetzes selbst geräth, kann selbst die Er-
klärung eines so authentischen Interpretators nicht als maßgebend
anerkannt werden.
IV.
Im § 4 der allgemeinen Begründung der Motive (a. a. O.
3. 394 ff.) lesen wir: „Der Grundsatz der Mündlichkeit bedarf
seiner äußeren und inneren Bedeutung nach einer weiteren Ent-
wickelung.
Mündlichkeit des Verfahrens ist ein zwar gängiger aber in-
korrekter Ausdruck. Man spricht richtiger von dem Grundsätze der
Unmittelbarkeit der Verhandlung und versteht darunter, daß die
Verhandlung der Parteien über den Rechtsstreit vor dem erkennenden
Gerichte eine mündliche sein soll.
Aus dieser Formulirung ergiebt sich, daß der Grundsatz der
Mündlichkeit ebensowenig wie der Grundsatz der Oeffentlichkeit das
ganze Prozeßverfahren beherrscht. Er hat seine Bedeutung für den
freilich erheblichsten aber doch beschränkten Theil des Verfahrens."
Nachdem sodann zunächst ausgesührt ist, daß der Grundsatz auf
Zwischenstreitigkeiten zwischen den Parteien und dritten Personen
keine Anwendung finden könne, heißt es weiter:
„Die Beweisaufnahme als solche, insbesondere die Vernehmung
von Zeugen und Sachverständigen ist ein Akt, welcher sich zwischen
dem Richter und einer anderen Person vollzieht, keine Partei-
verhandlung, wenngleich den Parteien eine Mitwirkung gestattet sein
und eine Parieiverhandlung die Beweisaufnahme begleiten kann.
Damit wird aber selbstverständlich nicht verneint, daß die Beweis-
aufnahme, insbesondere die Vernehmung von Zeugen und Sach-
verständigen, vor den zur Entscheidung des Rechtsstreits berufenen
Richtern durch die gewichtigsten sachlichen Gründe geboten werde."
Hierauf werden dann noch andere, hier nicht interessirende Fälle

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