56 Zachartä, Die Lehre yob» Versuche der Verbrechen.
Schrift erwartet werden kann. Doch wolle» wir liier nicht von der
Gelegenheit zu mancher Entgegnuug Gebrauch machen, weil das
Gebiet der Controverse hier zu weit, und lur die folgende aus
den Quellen geschöpfte Erörterung die Sache weniger erheblich
ist, und ich selbst lieber bei dem verweile, wo ich den Verf.
recht eigentlich auf seinem Felde finde.
Diess ist weit mehr der Fall bei der Untersuchung über die
absolute Strafbarkeit des Versuches nach positiven Rechten, wo-
bei von dem röm. §. 54., dem Mosaischen, altern germanischen
und kanon. §. 90., der P. G. O. Kaisers Carl V. §. 94., und von neuern
.Legislationen §. 96. gehandelt wird. Für unser praktisches Recht
ist die£e Ordnung, insbesondere das Mosaische Recht erst später
zu betrachten, welches im kanon. Recht mehr Anknüpfungs-
punkte findet,*) wohl zu billigen; wäre eine allgemeinere geschicht-
liche Uebersiclit im Plan des Verf. gelegen, so würde eine etwas
abweichende Ordnung zu Grunde gelegt worden sein. Der Be-
trachtung über das röm. Recht gehen einige einleitende, sehr be-
aclitcnswcrtlie Bemerkungen voraus; der Verf. warnt auch hier,
wie jedoch auch schon viele Vorgänger, vor der Neigung, allge-
mein durchgreifende Bestimmungen aus den für besondere leges
de judicio publico geltenden Regeln abzuleiten — dem soge-
nannten Generalisircn — und mit dem Schluss des §. 54.: Und
so glauben wir denn auch der Behauptung, dass die Römer we-
nigstens in der spätem Zeit eine allgemeine Regel über die Bestrar-
fung des Versuchs gehabt hätten, mit Grund widersprechen zu
können" — wird man nicht umhin können, sich einverstanden zu
erklären. So wenig richtig cs ist, dass im neuern Recht der Ver-
such bei allen publicis judiciis, und zwar wie das consummirle
Verbrechen bestraft worden, so wenig gegründet ist die Behaup-
tung allgemeiner Straflosigkeit desselben bei extraordinariis cri-
minibus. Indem der Verf. §.55. die entgegengesetzte Ansicht er-
wähnt, die sich seit den Glossatoren lange Zeit hindurch insofern
behauptet hat, als man dem römischen Rechte einen durchgreifen-
den Unterschied zwischen atrociora und leviora crimina unterlegte,
und für jene die unbedingte Strafbarkeit, für diese die Straflosig-
keit des Versuchs annahm, so führt ihn dieses §. 56. zu einer
*) ln H» 90. wird jedoch die Berücksichtigung des Mos. Rechts nur
durch die frühere Gewohnheit der Juristen, sich auf das jus divinum zu
berufen, gerechtfertigt. •