Full text: Kritische Jahrbücher für deutsche Rechtswissenschaft (Jg. 1 = Bd. 1 (1837))

Göschei9 Zerstr. Blatt, aus d. Hand- n. Hiilfsacten etc. 501
Wissenschaft und Rechts- Pflege ist, wie sie zu sagen pflegt,
der Welt der Erde ausschliesslich zugewendet und hiermit die
Kehrseite der Theologie, welche wiederum mit der Jurispru-
denz nichts zu schaffen hat." (II. S. 413.) Wie will nun def
christliche Jurist bestehen in diesem Zwiespalt, wie vermag er
das zu sein im Leben, das in so widersprechender Lebens-
Thätigkeit auszuführen, was er in der Idee begriffen als Ideal
im Herzen trägt? Wir sehen ihn Trost und Rath suchen und
eine Lebens-Anweisung erhalten von Luthers frommer Kraft
und naiver Weisheit. (II. 465. 466. 470. 471.) Aber sie reicht
nicht aus auf dem langen und schweren Lebensgange. Es bedarf
eines Vorbildes, um festzuhalten an dem Glauben der Heilig-
keit des Rechtes, es bedarf der Beispiele frommer Lebenden in
dem Juristen-Stande, um mit vertrauendem Muthe dem ererb-
ten Berufe treu zu bleiben. So wendet sieh der Blick rückwärts
auf die Vorgänger, zurück auf die zur Ruhe gegangenen Ge-
schlechter der Juristen der vergangenen Jahrhunderte, ja
Jahrtausende, auf die vielen Namen, die aus einer unendlichen
Menge von der Geschichte und Literatur im Andenken ihrer
Werke und Thaten behalten sind. Ueberdiess dem gemüthr-
vollen Göschei ein längst bekanntes und liebgewonnenes Gebiet.
„Interessirt es uns doch," — spricht er, — wenn wir wissen, ob
etwa %or hundert oder mehren Jahren einem alten Juristen Kinder
zu Füssen gesessen und gespielt haben, während der Vater mit em-
sigem Fleiss seine lateinischen Folianten geschrieben hat. Und je
mehr wir auf das häusliche Leben sehen würden, desto leichter
könnten wir auch gelegentlich dem innern Leben auf die Spur kom-
men. Dadurch würden die Bücher auch immer mehr aufhören,
Sachen zu sein; sie würden uns zu einem menschlichen Umgänge
mit Menschen führen. Ausserdem könnte sich zugleich die juristische
Biographie als biographische Jurisprudenz bethätigen. — Wenn wir
einen Juristen als solchen kennen und schätzen gelernt haben, so_
mochten wir ihn gewiss auch gern nach der Person, und in allen'
übrigen Lebens-Verhältnissen sehen. Das wichtigste Verhältnis» aber
ist das religiöse: warum dürften wir uns nicht umsehen, ob auch
etwa neben dem Gesetzbuch eine Bibel auf dem Pulte zu finden
ist?" (Hl. 47. 49.)
Und so richten sish denn „unsere biographischen Forschungen
auf solche lebendige Beispiele, in welchen sich eine Neigung des Rechtes
nach seinem göttlichen Ursprünge, der positiven Rechts - Wissenschaft
zur positiven Gottes - Erkenntniss, offen zu Tage legt,“ (III. 105.)
An dieser zunächst aus subjectivem Bedürfnis» hervorge-
gegangenen Tendenz erweiset sich nun aber die Macht des Ge-
genstandes, auf welchen sie gerichtet ist. Indem wifc Indivi-
duen aus der geschichtlichen Ueberlieferung betrachten und
Krit. Jalirb. f. d. KW. Jahrg. 1. H. 6. 33

Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.

powered by Goobi viewer