Konkurs, Kündigungsfrist, Feststellung. 709
wenden, Lohnweberei zu treiben oder selbst Maaren zum kaufmännischen Vertriebe
herzustellen. Es versteht sich von selbst, daß ihr die Miethgegenstände bei dieser
Sachlage nicht sofort entzogen werden konnten, sondern daß ihr eine Frist gelassen
werden mußte, die ihr gestattete, die in Arbeit begriffenen Webwaaren fertig zu
stellen und sich anderweit nach Webstühlen umzusehen. Auf der anderen Seite
konnte aber auch dem Vermiether eine sofortige Rücknahme der
Stühle nicht angesonnen werden. Denn er mußte wegen der Wegnahme
und Verwahrung der Stühle ziemlich erhebliche Vorkehrungen treffen und außerdem
eine gewisse Frist erhalten, die Miethgegenstände anderweit nutzbar zu machen.
Bei der ganzen Sachlage nimmt das Berufungsgericht an, daß eine Kündigungs-
frist von einem Monate diejenige ist, die den wirthschaftlichen Interessen beider
Theile am zweckmäßigsten Rechnung trägt. Unter diesen Umständen ist die am
15. April 1897 ausgesprochene Kündigung für den 15. Mai 1897 wirksam,
und es kann eine Masseforderung für die Zeit vom 22. März bis zum 15. Mai
1897, aber auch nur bis dahin, anerkannt werden.
Daß die Lösung, welche die Streitfrage dadurch gefunden hat, dem Grund-
gedanken, von dem sich der Gesetzgeber hat leiten lassen, am Besten entspricht,
kann nach den Motiven der Konkursordnung
vergl. Hahn, Materialien zur. Konkursordnung S. 9b.
mit Grund nicht bezweifelt werden.
Nach der im . gemeinen Konkursrechte herrschenden Ansicht (vergl. a. a. Ö.
S. 95) war der Verwalter berechtigt, das Miethverhältniß sofort aufzulösen; be-
sage des Rechtes des code civil mußte der Mietvertrag vom Konkursverwalter
ausgehalten werden. Beides bezeichnet die Begründung des Entwurfes zur Kon-
kursordnung für unbillig, da im gemeinen Rechte die Interessen der Gläubiger-
schaft, im codc civil die des Bermiethers zu sehr in den Vordergrund gestellt
seien. Sie meint deßhalb, daß ein billiger Ausgleich der beiderseitigen wirth-
schaftlichen Interessen stattzufinden habe, und kommt von diesem Gesichtspunkte
aus, den auch
Köhler, in seinem Lehrbuche des Konkursrechts S. 144 flg.
zutreffend hervorhebt, zur Berücksichtigung der gesetzlichen Kündigungsfristen.
Dieser Grundgedanke des Gesetzes spricht aber dafür, daß auch relativ be-
stimmte gesetzliche Fristen, der dermalen fraglichen Art zu berücksichtigen sind;
denn sonst würde man Lei einem großen Theile der Miethverträge zu einem
billigen Ausgleiche der Interessen nicht gelangen können.
2.
Der Einwand, daß der Kläger die Feststellung in der Konkurstabelle gegen
sich gelten lassen müsse, ist von den Vorderrichtern mit Recht zurückgewiesen
worden und findet auch in den vom Beklagten erwähnten reichsgerichtlichen Ent-
scheidungen keine Stütze.