Full text: Sächsisches Archiv für bürgerliches Recht und Prozeß (Bd. 9 (1899))

8 Otto, Ungerechtfertigte Bereicherung und unerlaubte Handlungen
komnit zu dem gleichen Ergebnisse dadurch, daß sie sich mit der thatsächlichcn Ver-
muthung hilft, daß eine Bereicherung um Geld im Zweifel forlbestehe.
Verjährung tritt in 30 Jahren ein. Nur innerhalb der 30 Jahre kann
alich auf Befrciuung von einer ohne rechtlichen Grund eingegangenen Verbindlichkeit
geklagt werden. Die Einrede dagegen, mit der die Klage auf Erfüllung einer
solchen Verbindlichkeit entkräftet werden kann, ist durch besondere Vorschrift (§ 821)
für unverjährbar erklärt. Uns ist diese Unverjährbarkeit fremd. —
Unerlaubte Handlungen.
Das Recht der unerlaubten Handlungen gehört zu den Gebieten, die in dem
Werdegange des G.B.'s heiß umstritten gewesen sind bis in die Verhandlungen
des Reichstags hinein. Selbst gegenüber dem verabschiedeten Gesetz bestehen in
der Wissenschaft Meinungsverschiedenheiten in größerer Zahl fort, zun> Theil so-
gar über grundlegende Fragen.
Zwei Hauptsätze dienen zur Kennzeichnung des Ganzen.
Einmal ist das Verschuldungsprinzip zu Grunde gelegt. Wer einen schä-
digenden Erfolg verursacht, haftet nicht schon deswegen allein, cs muß ihm ein Ver-
schulden, also entweder Vorsatz oder Fahrlässigkeit, zur Last fallen. Wo keine
Schuld, besteht auch keine Haftung. Einer naiven, aber doch rohen Volksanschau-
ung mag das gegentheilige Prinzip eigen gewesen sein, das Verursachungsprinzip.
Das G.B. lehnt indessen dieses Prinzip nicht völlig ab, war ihm doch schon daö
Hastpflichtgesetz darin vorangegangen. Zu Gunsten des Verursachungsprinzips
sind aus Billigkeitsgründen oder, >venn Sie so wollen, aus sozialen Rücksichten be-
stimmte Ausnahmen gemacht oder cs wird ihm durch Umkehrung der Beweislast
nähergekommen.
Sodann. Das römische Recht unterscheidet bestimmte einzelne Deliktslhat-
bestände. Nur der wird ersatzpflichtig, wer den Thatbestand des einzelnen Delikts
voll verwirklicht, damnum injuria datum, furtum, Arglist, die Haftung des judex,
qui litem suam fecit u. s. f. Im Gegensatz dazu hatte schon das preußische
Landrccht einen beinahe einheitlichen Deliktsbegriff und der cede und das Schweizer
Obligationenrecht drängen in einen einzigen kurzen Paragraphen den ganzen Be-
griff der unerlaubten Handlung zusammen. Das R.G.B. folgt weder dem einen
noch dem anderen Vorbilde, sondern schlägt einen Mittelweg ein. Die Schaffung
eines einheitlichen Deliktsbcgriffs insbesondere ist abgelehnt, weil sich eine gedeih-
liche Rechtsprechung daran nicht entwickeln könne. - Auch zwischen Handlungen, die
an und für sich rechtswidrig sind, und unerlaubten Handlungen andrer Art wird
nicht unterschieden; ich glaube, über den Wegfall dieser sächsischen Eigenthümlichkeit
brauchen wir nicht traurig zu sein.
Was ist nun an die Stelle gesetzt? Das R.G.B. unterscheidet drei Gruppen
von unerlaubten Handlungen:
1. die Verletzung eines subjektiven Rechts (§ 823 Abs. 1),

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