Full text: Zeitschrift für deutsches Recht und deutsche Rechtswissenschaft (Bd. 4 (1840))

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Richter:

chcn Frage bloßgestcllt, ob sie denn wirklich die alte protestantische
Verfassungslehre, der unmittelbare Ausdruck des Rechtsbewußtseinö
der Reformation sei, oder ob sie nicht vielmehr selbst nur als einer
der gerügten einseitigen und willkürlichen Standpunkte gelten könne.
In derThat, es konnte nicht hinreichen, die Ansichten der Ger-
harde und Carpzove in das IK.Jahrh. hinübertragen, und aus
ihnen die bestehende Verfassung erklären zu wollen, sondern dies mußte
zuvörderst die Aufgabe sein, an die Schriften der Reformatoren als
der Repräsentanten des evangelischen Bewußtseins sich zurückzuwen-
den, denn nur die aus diesen zu entwickelnden Ansichten haben den
Anspruch, als die alte protestantische Lehre von der Verfassung zu
gelten, und als solche eine Aufklärung über das Wesen des heutigen
Zustandes zu bereiten, nach welcher bis jetzt so oft und so vergeblich
gerungen worden ist.
Der Versuch einer solchen Entwicklung aus den Schriften der Re-
formatoren, insbesondere aus den verschiedenen Gutachten und Beden-
ken, in denen sie theils dem Kaiser imb den katholischen Ständen gegen-
über sich erklärten, theils fürdieNeugestaltung derVerfassungsverhält-
nisse die Norm vorzeichneten, soll in der folgenden Darstellung ge-
macht werden. Wir verzichten dabei sofort auf die Möglichkeit, ein
System der Verfassungslehre zu entfalten, das wir dort nicht zu
suchen berechtigt sind, wo immitten des Kampfes für die Freiheit
der Gewissen in dem Evangelium die Pflege der Verfassungslehre
sich als untergeordneten Gesichtspunkt erweisen mußte. Dennoch,
so vertrauen wir, wird cs uns gelingen, die Grundanschauungen, aus
denen sich die Verfassung selbst entwickelt hat, und mit ihnen den
Gegenbeweis gegen eine Lehre zu gewinnen, die nichts Anderes ist
als ein Versuch , die äußere Selbständigkeit der Kirche gegen die in-
nere Freiheit einzutauschen.
Bevor wir jedoch unserer Aufgabe uns zuwenden, haben wir
zuvörderst die Verpflichtung, diese Lehre selbst in scharfen Umrissen
nach ihrem ganzen Umfange darzustellen.

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