Full text: Zeitschrift für deutsches Recht und deutsche Rechtswissenschaft (Bd. 4 (1840))

Der reichsgräst. Bentincksche Erbfolgestreit. 2AA
laubten Vermischung hervorgegangenen Kinder vor Augen hatte, und
zur Wiedergutmachung eines sündlichen Verhältnisses ermuntern wollte,
dessen Ansicht mithin unverkennbar einen Geist christlicher Milde ath-
met, aber zugleich auch mit seinen laren Grundsätzen über die Ein-
gehung der Ehe znsammenhing, und auch hier die Sünde des Unge-
horsams, wie es schon der Engländer Fortescue sagte, belohnte, setzte
das deutsche Rechtsbewußtsein fortwährend eine strengere Auffassung
entgegen, welche auf die Erhaltung der Sittlichkeit überhaupt ge-
richtet war. Sehr «it Unrecht wurde diese daher als der Ausdruck
eitler barbarischen Denkungsart bezeichnet und ans einer Starrheit
der Rechtsbegriffe hergeleitet, welche wohl dem römischen, aber
weit weniger dem von einem sittlichen Geiste durchdrungenen, durch-
aus beugsamen, daher wohl auch für unjnristisch gehaltenen, deut-
schen Rechte eigen war. Erft der lange Besitzstand des römischen
Rechts hat eine derartige Umkehr der Rechtsansicht hervorgebracht,
so daß unsere Juristen wohl die Legitimation durch nachfolgende Ehe,
als einen nothwendigen Bestandtheil eines jeden fortgeschrittenen
Rechtssystemes, als eine Forderung des Vernunftrechtes, wofür ja
so oft Sätze des römischen Rechtes gelten müßten, zu betrachten sich
gewöhnt haben. Dagegen wird von den englischen Rechtsgelehrten,
so wie sie früher das deutsche Recht dem kanonischen gegenüber in
Schutz nahmen, eben so das heutige englische Recht, welches dem
herkömmlichen Grundsatz treu geblieben ist, und ohne auf die Zeit
der Zeugung zu sehen, nur die in der Ehe Gebornen für legitim er-
kennt, als das vernunftmäßigere dem römischen gegenüber darge-
stellt. Es ist dem Charakter der englischen Rechtsphilosophie ge-
mäß , daß dabei mehr der Gesichtspunkt der Nützlichkeit und Zweck-
mäßigkeit anfgefaßt, das der deutschen Rechtsanschauung zu Grun-
de liegende Prineip der Sittlichkeit weniger hervorgehoben wird.
Blackstone meint in seinem berühmten Commentar (II. 16.): das
englische Recht verdiene den Vorzug vor dem römischen, weil es dem
Hauptzweck der Ehe, sofern man dieselbe vom bürgerlichen oder
staatlichen Gesichtspunkt ans betrachtet, entsprechender sei. Durch
die Ehe solle nämlich mit Bestimmtheit festgesetzt werden, welchen
Personen die Sorge, der Schutz, der Unterhalt und die Erziehung
der Kinder obliegt. Bei der Legitimation bleibe es aber gemeinhin
sehr ungewiß, ob das Kind auch dem Manne angehört, der die
Mutter ehelicht. Sie läßt ferner den Eltern die Wahl, ihr Kind

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