Full text: Zeitschrift für deutsches Recht und deutsche Rechtswissenschaft (Bd. 4 (1840))

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Paulsen:

man die gerichtlich crzwingbare Verbindlichkeit erkannte; eS sei da-
her natürlich, daß inan den Beweis der Absicht, einen verbindlichen
Vertrag abschlicßen zu wollen, sehr schärfte. ,,Einen solchen Be-
weis ersetzte eine gerichtliche Abschließnng. War dagegen ein Ver-
sprechen außergerichtlich gegeben und angenommen, so sollte man
allerdings sein Wort halten, was eine allgemeine moralische Pflicht
ist, wenn dasselbe ernstlich gegeben war. Ob dies aber der Fall
sei, wurde dem Beklagten ins Gewissen geschoben; denn Privat-
zeugen bewiesen Nichts gegen ihn; schwor er die Verbindlichkeit
ab („affseggen"5J), so war er frei" .... „Die gerichtliche Ab-
schließung, welche bei den wichtigsten Geschäften vorgenommen
wurde, bog diesem vor. Zu den wichtigeren Geschäften gehörte aber
unstreitig die Bürgschaft, daher konnte bei ihr ein freies Läugnen,
Abschwören der Verbindlichkeit nicht stattsinden." — Das soll also
der erwähnte Satz sagen.
Aber der Verfasser bringt für diese Meinung keine Beweise bei.
Wir hingegen haben schon im Vorigen aus dem nordischen Rechte
Stellen mitgetheilt, welche die Unrichtigkeit derselben beweisen, in-
dem in mehreren jener gerade die beiden Fälle einer gerichtlich
und außergerichtlich eingegangenen Bürgschaft bestimmt wer-
den. Letztere setzt namentlich die ausführlichste aus dem Oest-Götha-
Lag mitgetheilte Stelle voraus, und knüpft an einen solchen Fall
alle die in ihr abgehandelten rechtlichen und gerichtlichen Wirkungen.
Wie kann auch unser Verfasser von einem Verhältnisse sagen, daß
es bloß eine moralische Verpflichtung nach sich ziehe, wenn der in
demselben Befindliche gerichtlich genöthigt werden kann, ein Eides-
verfahren vorzunehmen, um wider den Gegner, dessen Klage von
dem Gerichte angenommen worden ist, zu beweisen, daß jenes
Verhältniß unter ihnen nicht der Art sei, daß er ernstlich eine Ver-
pflichtung gegen ihn übernommen habe? Es ist aus dem altgerma-
nischen Gerichtsverfahren bekannt**), daß, wenn der Beklagte

55) Des Verfassers Entwickelung verliert schon dadurch einen Halt, daß die-
ses Wort niemals für Abschwören gebraucht wird; daher muß hierbei an
etwas ganz Anderes gedacht werden.
56) Kolderup Rosenvinge De usu juramenti in litibus probandis et
decidendis juxta leges Danicas antiquas. Sect. II. (Havniae 1817) p.
199 seq.; vergl. p. 12 seq.; Desselben Lov-Historie, §. 75.

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