Full text: Zeitschrift für deutsches Recht und deutsche Rechtswissenschaft (Bd. 4 (1840))

Lehre v. d. Bürgschaft aus d. nord. Recht. 141
Hardesdinge (Herredsthing) vor den allgemeinen Dingmannern
gegen ihn stattfinden. Die genannte nachtheilige Folge traf ihn
aber auch, wenn er keinen Theil an dem Entweichen des Ange-
klagten hatte, und deswegen konnte er sich von dieser Gefahr da-
durch befreien, daß er dem Richter denselben überlieferte (Cap. 64).
Hierdurch sagte er sich von der Bürgschaft für ihn los. Dies war
ein wesentlicher Unterschied von der Bürgschaft in bürgerlichen Sa-
chen, deren Wesen eine solche Lossagung nicht entspricht; daher
dieser Satz gleich auf das erste Glied des Cap. 62, wo vorzugs-
weise von der privatrechtlichen Bürgschaft die Rede ist, folgtS4),
und so einen guten Sinn bekommt; hieran schließt sich die Bestim-
mung über die Nävninger, und so unterstützen beide Bestimmungen
in ihrem gegenseitigen Verhältnisse zu einander unsere Ansicht, daß
die Abfasser bei jeder derselben schon auf die Strafbürgschaft hinge-
blickt haben.
Herr Müller denkt sich aber nicht diesen Theil des Capitels in
Verbindung mit den folgenden Capiteln, und findet daher den mehr-
berührten Satz, auf den ersten Blick, sich von selbst verstehend und
also überflüssig (S. 333). Um aber dieses nicht annehmen zu
müssen, sucht er darin einen „tiefern Sinn", der mit einer ,,alten
processualischen Form" Zusammenhängen soll, oder vielmehr mit
altgermanischen Ansichten über Klagbarkeit der Verträge; was unS
Veranlassung geben muß, auch diese Lehre einer Prüfung zu unter-
ziehen.
Der Verf. sagt: es habe bei den germanischen Völkern nicht,
wie bei den Römern, eine Form (die stipulatio) gegeben, woran

54) Ekenberger hätte daher lieber mit ihm (s. oben unsere Uebersetzung
„Und kein u. s. w.") einen neuen §. anfangen sollen. Er hat sich aber
wohl nach dem Texte in des Bischofs Knud s. g. Glosse (eigentlich:
Quaedam breves expositiones et legum et jurium concordantie et al-
legationes circa leges jucie) gerichtet, wo Forthi (weil, s. Müller
S. 331) einen großen Anfangsbuchstaben hat, und wo in der lateini-
schen Uebersetzung beide Sätze in einander verarbeitet sind: Item nota,
quod nullus potest se eximere de fidejussione , nisi solvat, quod pro-
misit; was ja freilich richtig ist, aber ziemlich unnütz dastände, wenn
man es nicht auf unsere Weise erklärt. In der kürzeren altplattdeutschen
Uebersetzung (zuerst 1486 gedruckt, jetzt auch bei Rosenvinge) steht der
Satz auch für sich selbständig. Der vorhergehende, bloS den Gesetzgrund
enthaltende, ist ausgelassen.

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