Full text: Zeitschrift für deutsches Recht und deutsche Rechtswissenschaft (Bd. 4 (1840))

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Paulsen:

es auf der andern Seite schon nach jenem Bürgschaftsverhältniffe
gab, in denen der Gläubiger sich nicht gleich an den Bürgen halten
konnte'), während dies nach germanischem Rechte nicht als Folge
einer nicht gebrauchten Form eintreten kann, sondern nur als aus-
drücklich in dem Vertrage zwischen Bürgen und Gläubiger beliebte
Ausnahme von der allgemeinen Rechtsregel.
Außer der eben berührten Aehnlichkeit macht I)r. Müller noch
ans die aufmerksam, daß „nach fast allen ältern germanischen
Rechtsquellen", eben wie bei einigen altrömischen Bürgschafts-
artcn, die Verbindlichkeit nicht auf die Erben des Bürgen überging,
und suchte den Grund für beide Rechtssätze darin, daß „im alt-
deutschen und nordischen Rechte Schuldverbindlichkeiten gleichsam
auf dem Körper des Verpflichteten hafteten, so daß die Güter nur
mittelbar afsieirt wurden, die Person der nächste Gegenstand der
Eremtion war", welches Alles auch im ältesten römischen Rechte
(iiaxu8, in partes serare) gefunden würde, wozu noch käme, daß,
„wie auch ursprünglich dieses, das germanische Recht dem Erben
keinen repräsentativen Charakter beigelegt habe"^). Da es bei
der verhältnißmäßig jungen deutschen Rechtswissenschaft, noch so
sehr Bedürfniß ist, die Grundansichten des Rechts fester zu stellen,
namentlich auch durch Vergleichung des deutschen mit dem nordischen
Rechte, so darf ich wohl jenen Erklärungsversuch wichtiger Rechts-
sätze zuvörderst einer Prüfung unterwerfen.
Was nun jenen ersten Satz betrifft, so muß schon im Allge-
meinen eine Berücksichtigung des so freien Volkslebens der alten
Germanen, mit keinem — wie ursprünglich bei den Römern —
vorherrschenden übermächtigen Stande, Bedenken dagegen erregen,
daß persönliche Verhaftung des verurtheilren Schuldners das ur-
sprüngliche und sofort eintretende Zwangsmittel gewesen sein sollte;
und forschen wir nun, um näheren Aufschluß zu bekommen, in den

(Dresden 1839), ©.121 f.; Bluntschli, züricher Staats- und Rechts-
gcschichte, II. S. 236 f.
3) S. I. 97 §. 1. Dig. De V. 0. (45, 1). S. noch Brinkma nn, von
der Bürgschaft, insbesondere von dem Unterschiede unter den römischen
kumulativen Intcrcessionsarten u. s. w., in seiner Wissenschaftlich-prak-
tischen Rechtskunde, S. 234 ff. (Dieser Verfasser gebraucht auch nie das
Wort correus.)
4) S. 326. 340.

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