Full text: Zeitschrift für deutsches Recht und deutsche Rechtswissenschaft (Bd. 16 (1856))

W. E. Wilba.

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liehen ist, sondern nur ein beschränktes Maaß von Fähigkeiten und
ein redlicher Wille." Es war dieß keine Ziererei von seiner Seite,
sondern der Ausdruck reiner Bescheidenheit, mit welcher sich aber
ein sittliches Selbstgefühl, das sich bei andern Anlässen änßerte,
wohl vertrug. „Das ist doch etwas arg" — entschlüpfte ihm
in einer Polemik, wo er seinen Gegner „mindestens einer culposen
Unwahrheit" schuldig fand. Körnigter drückte er sich aus über den
Mangel an Muth und Festigkeit in allgemeinen, vaterländischen
Dingen: „Rücksicht auch auf die Stellung, in der man sich be-
findet, halte ich nicht für Feigheit, aber was wir von einzelnen
unserer Collegen mitangesehen und erfahren haben, erkläre ich nicht
nur für Feigheit, sondern auch für Mangel an Selbst- und
Gottvertrauen. Wo man nach seiner Ueberzeugung
handelt, wird auch am Ende für Frau und Kinder
Rath werden."
Wilda hatte nicht den Wechsel der Dinge von dieser Seite
zu bestehen; aber er erfuhr doch Manches in seinem Leben, was
eine minder edle Natur hart und mißtrauisch gemacht hätte. Sein
Vater, der ein Handelshaus in Altona, ein anderes in St. Thomas
besaß, hinterlies der Wittwe und dem einzigen Kinde ein beträcht-
liches Vermögen, das aber durch treulose Eingriffe Dritter zu-
sammenschmolz. Als seine Mutter sich zu einer zweiten Heirath
entschloß, rettete der Stiefvater dem Knaben das noch übrig ge-
bliebene Vermögen, verwaltete es mit der größten Gewissenhaftig-
keit und war ihm ein Vater im wahren Sinne des Worts. An
seiner Erziehung und Bildung wurde nicht gespart. Später hatte
er bei dem geringen Gehalte, den er lange Zeit in Halle genoß,
einen schweren Stand, und er mußte sich's (anders wieGöthe, der
in einem Briefe von 1782, in den Reliquien von I.Möser, Berlin
1837, S. 12 diesen Ausdruck von sich gebraucht) in der Welt sauer
werden lassen. Sein weiches Gemüth und sein Mangel an Selbst-
vertrauen bedurfte sehr der Ermunterung; das geht durch sein
ganzes Leben durch. In der ersten Schule, die er in Hamburg
besuchte, hatte er selbst vom Lehrer allerlei Kränkungen zu erdulden.
Das machte ihn mißmuthig und unfleißig und erst als sein Vater
ihn auf vieles Bitten in die Schule des vr. Krämer, später Pro-
fessor am Johanneum gab, lernte er, durch diesen freundlich er-
muntert, seine Fähigkeiten kennen. Auch Prof. Zinserling, der

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