Full text: Zeitschrift für deutsches Recht und deutsche Rechtswissenschaft (Bd. 16 (1856))

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H. Ortloff:
ihrem Untergange nahe, aber in den romanischen Ländern unter
Führung durch die Fiscale in Blüte stand, in Verbindung und
gerade dadurch zum lebhaften Erwachen und später zu einer nicht
geringen Höhe gebracht. Es ist interessant die Geschichte der fran-
zösischen Staatsbehörde und des deutschen Fiscalats, welche beide
einen gemeinschaftlichen Ausgangspunkt haben, zu vergleichen und
zu beobachten, wie das französische Institut sich streng an die mon-
archische Verfassung angeschloffen und im nahen Dienste der Könige
bis in die neueste Zeit gestanden hat, wie dagegen das deutsche
Fiscalat bei der Zerstückelung des Reichs und der Schwäche des
monarchischen Prinzips ganz ohne Einheit geblieben, sich nur müh-
sam emporgearbeitet hat, und schließlich wieder aus Mangel an
Centralisation in sich zerfallen ist. Auf verschiedenen Boden ver-
pflanzt, hat das nämliche Institut ganz abweichende Stellungen er-
langt; auf dem Boden der strengen Monarchie ist es zu einem
mächtigen Organ der Staatsspitze geworden, auf dem Boden der
Demokratie hat es sich nicht mehr als die bescheidene Stelle einer
Partei im Prozesse zu erringen vermocht.
Der fiscalische Prozeß mit Procuratoren ist freilich ein bloßes
Zeitproduct des Kampfes zwischen Anklage und Untersuchung und
ein Gemisch von beiden, aber eben darin hat er mit dem heutigen
Strafverfahren Aehnlichkeit und ist schon deßhalb, wenn auch ver-
altet, nicht ohne Interesse.
Da es kn Deutschland, schon ehe man die Fiscale erwähnt
findet, eigentliche Amtskläger gab, so hätte man der Anklagefunction
der Fiscale nicht noch bedurft; dennoch finden wir jeit dem 15.
Jahrhundert auch Fiscale als Amtskläger in peinlichen Sachen.
Aber das pecuniäre Interesse, welches der Fiscus wegen der Ver-
brechen noch an den zahlreich vorkommenden Bußen und Confisca-
tionen hatte, war der Grund, weßhalb man die zur Wahrung der
Fiscalinteressen überhaupt aufgestellten Fiscale mit der Amtsklage-
befugniß versah. Freilich trat später noch ein höherer Gesichts-
punkt , daß es im Sicherheitsinteresse 'des Staates liege, für Ver-
folgung der Verbrechen zu sorgen, hinzu, und die Fiscale sind dann
die Vertreter des Gemeinwesens überhaupt, denen die Wahrung
auch jenes Interesses in ihrer Function als peinliche Fiscale um so
mehr zufallen konnte, als das deutschrechtliche Institut der öffent-
lichen Anklage mit dem aus den romanischen Ländern überkom-

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