Full text: Sächsisches Archiv für bürgerliches Recht und Prozeß (Bd. 12 (1902))

9.2.6. Das Grundbuchamt ist nicht berechtigt, beantragte Eintragungen deshalb zu beanstanden, weil die Betheiligten voraussetzlich die Tragweite ihrer Erklärungen nicht vorausgesehen haben (G.B.O. § 18; Sächs. Ausf.=V. vom 26. Juli 1899 § 99).

244 . Grundbuchamt, Beanstandung von Einträgen.
gemeinde E. hat das Landgericht durch den jetzt angefochtenen Beschluß
die Löschung der Hypotheken angeordnet. Die hiergegen gerichtete weitere
Beschwerde ist unbegründet.
Die Entziehung des Eigenthums an einem Grundstücke im Wege der
Enteignung erfolgt in der Weise, daß der Unternehmer, zu dessen Gunsten
die Enteignung gereicht, dem Eigenthümer den vollen Werth des Grund-
stücks zu ersetzen hat; dafür erwirbt der Unternehmer das Grundstück frei
von den aushastenden Rechten, so daß diese also durch die Enteignung
erlöschen. Dieser Standpunkt, der dem Zwecke der Enteignung entspricht,
liegt den sämmtlichen zur Zeit geltenden sächsischen Enteignungsgesetzen
und so insbesondere auch dem Allg. Baugesetze zu Grunde. Nach 8 76
Abs. 2 dieses Gesetzes bleiben für die von ihm vorgesehenen Fälle der
Enteignung bis zum Erlaß eines allg. Enteignungsgesetzes die Bestim-
mungen in 88 9, 10 u. 11 des G. vom 11. Juni 1868, die Gültigkeit der
Lokalbauordnungen betr., in Kraft, und nach 811 des letztern Gesetzes können
die Realberechtigten, der Enteignung des Grundstücks nicht widersprechen,
sondern sich wegen ihrer Rechte nur an die Entschädigungsgelder halten.
Reichen die Entschädigungsgelder, wie hier, nicht zur Befriedigung der
Realgläubiger aus, so verhält es sich ebenso wie im Falle der Zwangs-
versteigerung des Grundstücks, wo die Belastungen des Grundstücks unter
Umständen gleichfalls erlöschen, ohne daß die Berechtigten dafür einen
Ersatz erhalten. Die Berechtigten sind diesenfalls darauf angewiesen, durch
Geltendmachung ihrer persönlichen Forderungen, die durch die Enteignung
unberührt bleiben, Befriedigung zu suchen; die Hypotheken erlöschen durch
die Enteignung ohne jede Rücksicht darauf, ob die von dem Erwerber des
Grundstücks zu zahlende Entschädigung zur Befriedigung der Gläubiger
hinreicht oder nicht. Das Bestehenbleiben eines Rechts am Grundstücke
trotz der Enteignung kann nur in Frage kommen, wenn dies durch die
Enteignungsbedingungen besonders festgesetzt ist. Eine solche Festsetzung
liegt nicht vor. _

Das Grundbuchamt ist nicht berechtigt, beantragte Eintragungen
deshalb zu beanstanden, weil die Betheiligten voraussetzlich die
Tragweite ihrer Erklärungen nicht vorausgesehen haben <G.B.O.
8 )8; Sachs. Auss.-V. vom 26. I«» M9 8 99).
(Beschluß des L.G. Dresden vom 19. Juli 1901. B F 143/1901.)
Dem Grundbuchamt lagen Anträge vor aus Eintragung einer Real-
last und des gleichzeitig erklärten Rücktritts mehrerer Hypothekarier hinter
die einzutragende Reallast. Das Grundbuchamt beanstandete die Ein-
tragung, weil infolge des gleichzeitig erklärten Rücktritts die zurücktretenden

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