Full text: Zeitschrift für deutsches Recht und deutsche Rechtswissenschaft (Bd. 19 (1859))

Untersuchungen über die Sendgerichte. 373
Conc. Tribur. c. 22 (bei Regino II, 303): Nobilis homo
vel ingenuus, si in synodo accusatur et negaverit, si eum fidelem
esse sciunt, iuramento se expurget. Si autem deprehensus fuerit
in furto atque periurio ad iuramentum non admittatur, sed, sicut
qui ingenuus non est, ferventi aqua aut candenti ferro se expurget.
Conc. Salegunstadiense c. 7: Interrogatum est, si duo in
adulterio inculpati fierent, et unus profiteretur et alter negaret,'
quid inde agendum esset. Decretum est etiam a sancto concilio,
ut ille, qui negaverit, probabili indicio se expurget, et qui pro-
fessus fuerit, digne poenitentiam agat.
EbkNd. c. 13: Statuit quoque sancta synodus, si duo de
adulterio accusati fuerint et ambo negaverint, et orant sibi concedi,
ut alter illorum utrosque divino purget iudicio, si unus in hoc de-
ciderit, ut ambo rei habeantur.
Wir begegnen mithin hier derselben Anschauung, welche das
Beweisverfahren in (Peinlichen wie bürgerlichen) Schuldfällen im
weltlichen Gerichte beherrscht. Der Beweis wird als ein
Recht aufgefaßt, welches dem Angegriffenen zusteht, er ist aber
zugleich eine Pflicht, der Beschuldigte muß beweisen, wenn er
der Buße entgehen will. So wunderbar es auch auf den ersten
Blick erscheinen mag, wenn wir diesen dem Beweisverfahren der
germanischen weltlichen Gerichte entlehnten Anschauungen auf dem
Gebiete der Kirche begegnen, so naturgemäß erscheint die Vermit-
telung bei näherer Erwägung. In dem alten, auf Beichte ge-
gründeten Bußvvrfahren konnte von einer Entschuldigung überhaupt
nicht wohl die Rede sein, da in jenem die Voraussetzung der Buße
das freie Selbstbekenntniß des Sünders war. Anders mußte sich
die Frage seit der Ausbildung der Sendgerichte gestalten. Die Er-
forschung der Verbrechen (inquirendi studium) erscheint als eine
Hauptpflicht des Sendrichters. Besonders seit man zur Erreichung
dieses Zweckes Einrichtungen traf, welche ein tieferes Eindringen in
das häusliche und GemeindelebeN gestatteten, zuerst durch die Tä-
tigkeit der von Haus zu Haus Umfrage haltenden Erzpriester, dann
durch die Einführung der zur Rüge vereideten Sendgeschworenen,
war man genöthigt, den Fall in das Auge zu fassen, wo st'ch Streit
über die Schuldfrage erhob. Selbst die anfängliche Beschränkung
des Sendgerichts auf die sogenannten offenkundigen Vergehungen
hatte die Möglichkeit dieses Streits nicht ausgeschlossen, da man

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