Full text: Zeitschrift für deutsches Recht und deutsche Rechtswissenschaft (Bd. 19 (1859))

Untersuchungen über die Sendgerichte. 371
Parteien; die vom Richter verkündete Antwort bildet ein Urtheil.
Da dieselbe Frageform für die Sendgerichte des späteren Mittel-
alters urkundlich feststeht95), und da wir oben auch für unfern Zeit-
raum die Trennung der Funktionen des Richters und der Urtheiler
nachgewiesen haben, so wird es zunächst keinem Bedenken unter-
liegen, jenes Fortbewegen der sendgerichtlichen Verhandlungen in
Fragen und Urtheilen in gleicher Weise bereits für die hier in Rede
stehende Zeit anznnehmen.
Wenn der Richter sich gesetzt hat', so legt er zunächst den Ur-
theilern von Amtswegen eine Reihe allgemeiner Fragen
zum Hegen des Sendgerichts (äetensio) vor. Die völlige Ueber-
einstimmung mit dem weltlichen Gerichtsverfahren, welche in Bezug
auf diesen Punkt die späteren Sendrechte zeigen, so wie der gleiche
Inhalt der Hegungsfragen für die Sendgerichte der verschiedensten
Gegenden Deutschlands rechtfertigen den Schluß, daß auch bereits
in unserem Zeiträume die rechtliche Einfriedigung des Sendgerichts
in ähnlicher Weise wie später erfolgte, wenn auch für keine der
erhaltenen Hegungsfragen und Hegeformeln ein so hohes Alter
nachweisbar ist. Das an die Hegungsfragen angeschlossene Gebot
des Dingfriedens und Verbot jeglicher Störung wird zusammengefaßt
als iribannire synodum, und auf vorkommende Verstöße dagegen
geht gewiß auch bereits die Sendfrage bei Regino, B. II. Nr. 70.
Nach gehegtem Gericht ruft der Richter die Nügezeugen vor,
vereidigt sie oder verweist sie auf den bereits früher geleisteten Eid.
Dann legt er ihnen nach den herkömmlichen Fragestücken die Rüge-
frage n vor.
B. Rüge und Antwort. Auffassung des Beweises. *
Mit der geschehenen Rüge beginnt nun das Verfahren in den
e i n z e l n e n S e n d f ä l l e n. Es ist bereits darauf hingewiesen worden,
daß der einzelne Sendgeschworene, welcher einen Uebelthäter gerügt
hat, diesem gegenüber in dem sich anschließenden Verfahren die Rolle
des peinlichen Klägers übernimmt. Es ist ferner nachgewiesen,
daß für die Rüge keineswegs ein vorausgegangener übler Leumund
(mala fama) die Voraussetzung bildet, daß der Sendgeschworene
vielmehr rügt, was er Rügbares auf irgend welchem Wege er-
fahren har.

95) Belagstellen wird ein späterer Aufsatz bringen.
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