Full text: Zeitschrift für deutsches Recht und deutsche Rechtswissenschaft (Bd. 6 (1841))

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Reyscher:
Mit Rücksicht auf diese Verschiedenheit der Statuten meint
Reinhard 68):
Entweder seynd verbindliche Haußverträge und Sta-
tuten vorhanden, oder nicht? In jenem Fall geben die-
selbe die Richtschnur, wornach die Verzichte beurtheilt
werden müssen: Denn wann erwehnte Statuten die Wei-
ber durchgehends solang ausschliessen, als Mannsstamm
vorhanden: So ist die Rechnung bald gemacht, woher
es kommt, daß die Töchtern zu einem Verzicht, welcher
sonst freiwillig seyn muß, gezwungen werden können, und
warum mau sie vor die welche wirklich verziehen haben,
zu halten vermag, wann sie sich dagegen sperren. Ich setze
aber mit Fleiß, verbindliche Statuten. — — Seynd
aber gar keine Statuten vorhanden; so kann die Schuldigkeit
des Verzichts weiter nicht, als zum Besten derer Söhne,
erstrecket werden; und wann die Töchter auf mehr andere
Falle verzeihen; so geschiehet es aus pur lauterem guten
Willen, und mögte ich den gerne sehen, welcher behaupten
könnte, daß alsdann die Töchter gleichwolen xro renuneistis
gehalten werden mögen, wenn sie dem weitergesipten Manns-
stamm zum Beßten, entweder nicht verziehen haben, oder
solches nicht thun wollen.
Diese Unterscheidung ist nur in sofern ungenau, als daraus hervor-
zugehen scheint, daß die Töchter gegen die Söhne auch ohne Ver-
zicht hinsichtlich aller und jeder Erbschaft zurückstehen müssen, und
als anderer Seits aus die eigenthümliche Stammgutsfolge keine
Rücksicht genommen ist, welche auch bei dem ritterschaftlichen Adel
jedenfalls seit dem 16. Jahrhundert als regelmäßige Einrichtung
angesehen werden kann, und nicht blos aus Statuten, welche den
Ausschluß der Töchter direct verordnen, sondern auch schon aus der
allgemeinen Bestimmung in denselben: daß gewisse Güter bei dem
Stamm und Namen beständig erhalten werden sollen, und aus dem
entschiedenen Herkommen für jenen Ausschluß zu folgern ist. Daß
die Töchter bei der Erbfolge in den Stammgütern den Stamm-
vettern nachstehen, und nur in Hinsicht auf die neuerworbenen Güter
ihre nähere Verwandtschaft zum lezten Besizer geltend machen kön-

68) Von dem Erbfolgsrecht der Töchter S. Hl.

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