Full text: Zeitschrift für deutsches Recht und deutsche Rechtswissenschaft (Bd. 6 (1841))

Das Erbrecht der adelichen Töchter.

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er gleichwohl gefertigt wurde, war er bloße Vorsicht. Allein die
Statuten weichen sehr unter einander ab.
1. In den meisten Statuten ist der Verzicht gleichwohl vor-
geschrieben; aber mit verschiedenen Wirkungen, theils als bloße Form
oder Cautel, indem ein Anspruch auf eigentliches Erbrecht oder den
Pflichttheil gar nicht angenommen wurde, wie z. B. in dem bairi-
schen Mandat v. 20. Apr. 1672 63), und auch wieder in dem Codex
Maximilianeus64), theils als wirkliche Abfertigung. Im lezten Falle
ist den Unverheiratheten (Nicht-Verzichtenden, Nicht-Abge-
fchichteten) das Erbrecht unverzogen; und auch durch Verheirathung
und standesmäßige Ausstattung geht ihnen dasselbe nicht verloren,
wenn sie nicht ausdrücklich verzichtet haben. Im ersteren Falle
dagegen sind die Söhne.den Töchtern nur zu standesmäßigem Un-
terhalt bis zur Verheirathung und zu einer, im Streitfälle durch
Schiedsrichter oder das ordentliche Gericht zu ermittelnden, Aus-
stattung verbunden. Eigenthümlich sind die von Eichhorn §. 569
Note e angeführten östreichischen Gewohnheiten 65). Hiernach wird
die nicht verzichtende Tochter nur alsdann von dem väterlichen
Vermögen ausgeschlossen, wenn sie unverheirathet, nicht aber, wenn
sie verheirathet ist, und Vater oder Brüder versäumt hatten, den
Verzicht zu fordern.
2. Einige ziehen den Töchtern nicht blos die Söhne, sondern
auch die Stamm vettern vor, aber nur im Erbstammgut,
z. B. das bremische Ritterrecht von 1577 66) (Tit. 1. §. 1.) und
viele Familien-Statuten. Hier hat der Verzicht nur Bedeutung,
sofern er die übrige Erbschaft betrifft. Nach andern ist zwar die
Tochter von der väterlichen Erbschaft überhaupt ausgeschlossen67),
nicht aber von der mütterlichen u. s. w. Hier hat der Verzicht nur
Bedeutung, sofern er sich auch auf die mütterliche, brüderliche oder
schwesterliche Erbschaft bezieht.
63) Bei Lünig, corp. juris feud. germ. II. S. 523 f.
64) Thl. III, Cap. ll §. 8> bezieht sich jedoch nur auf den gefreieten
Landes-Adel. -
65) Walther Consuetud. Austriae, Tractat l. Cap 6.
66) Bei Puffendorf Observ. juris IV. App. S. 6.
67) Z. B. nach dem i. I. 1778 bestätigten Herkommen der osnabrüki*
schen Ritterschaft s. Mosers Patriot. Phantasien Bd. IV. Nr.
53 u. 54.
Zeitschrift f. deutsches Recht. 6. Dd. r.

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