746 Grützmann, die zweite Lesnng des Entw. e. dtsch. B.G.B/s.
dann der Eigenthümer den Nach Hypothekarier aufrücken lassen, so könnte er ihm
etwas von der vorbehaltenen Stelle übertragen, natürlich gegen Verzicht auf einen
entsprechenden Theil von der Nachhypothek. Allein das Bedürfniß nach festen
Prioritäten ist gar zu gering. Daß in gewissen besonderen Fällen der Hypotheken-
brief einfacher werden würde, ist kaum ein beträchtlicher Vortheil. Daß ferner
die Steigerung der Kreditwürdigkeit des Grundstücks, die durch den Wegfall von
Dienstbarkeiten hervorgebracht wird, auf diese Weise dem Grundstückseigenthümer
zu Gute käme, könnte im gegebenen Falle wichtig sein, die Fälle aber sind zu
selten. Denn persönliche Dienstbarkeiten sind ohnehin nicht häufig, Grunddienst-
barkeiten aber fallen, wenn sie einmal bestehen, nur selten weg. Die Vereinfach« ng
des Gesetzbuchs endlich wird, nachdem man sich einmal in die Eigenthümerhypothek
eingelebt haben wird, kaum noch nützlich wirken können. Doch hat sich ein Mann
von so anerkannter Urtheilsfähigkeit wie Staub für die festen Prioritäten aus-
gesprochen.
Nunmehr werden die Beschlüsse verständlich werden, die von der Kommission
über die Gesammthypothek gefaßt worden sind. Im Entwürfe war darüber
sehr wenig gesagt (8 1078, § 1094 Abs. 3 Satz 2). Die Kommission dagegen
hat ziemlich eingehende Vorschriften beschlossen. Das hängt zusammen mit der
.Erweiterung der Eigenthümerhypothek und mit der Einführung des Uebergangs
der Hypothek auf den zahlenden, aber ersatzberechtigten persönlichen Schuldner.
Auf diese Weise sind bei der Gesammthypothek Fragen entstanden und wichtig ge-
worden, die für den Entwurf gar, nicht vorhanden waren oder doch nur geringe
Bedeutung hatten.
Die Kommission ist an die Regelung der Gesammthypothek recht vorsichtig
herangegangen und mit dem Ergebnisse ihrer Arbeit selbst nicht zufrieden gewesen.
Es sind zunächst alle Beschlüsse unter dem Vorbehalte nochmaliger endgültiger
Prüfung gefaßt worden. Schließlich ist man zwar dabei stehen geblieben, aber
mit der entsagungsvollen Begründung, daß durch die beschlossenen Vorschriften
wenigstens die große Mehrzahl der Fälle gerecht entschieden werde. Es gebe aber
auch Fälle, für die das nicht zutreffe; das hänge damit zusammen, daß die Lehre
höchst verwickelt sei (S. 4566 flg.).
In der That werden die Vorschriften des B.G.B.'s über die Gesammt-
hypothek kaum völlig befriedigen können. Nach meinem Dafürhalten liegt das
daran, daß nicht erkannt worden ist, daß es zwei ganz verschiedene Arten
der Gesammthypothek giebt; ich meine vom Standpunkte des Parteiwillens
und der wirthschaftlichen Bedürfnisse. .
Will man die Gesammthypothek und die Verschiedenheit ihrer Arten völlig
verstehen, so muß man von der eigenthümlichen Art und Weise ausgehen, in
welcher der Grund und Boden theilbar ist und das einzelne Grundstück als be-
sondere Sache entsteht: Der Grund und Boden ist beliebig theilbar, und das
einzelne Grundstück entsteht durch Errichtung künstlicher Grenzen, die in der Regel
beliebig geändert werden können. So läßt sich denn in der Regel durch Er-
richtung solcher Grenzen der Gegenstand jedes dinglichen Rechts beliebig feststellen.
Das Nächstliegende ist zwar, daß sich der Gegenstand eines Rechts an fremder
Sache nach dem Gegenstände des Eigenthumsrechts richtet, von dem es abgeleitet
wird; und durch die Einrichtung des Grundbuchs wird das noch nöthiger, als es
ohnehin schon ist. Es bleibt aber möglich, daß ein Recht an fremder Sache zu-
gleich an mehreren Gegenständen des Eigenthums besteht; z. B. können die Grenzen
des Gegenstands einer Hypothek die Grenzen mehrerer Gegenstände des Grund-