712 Auszüge aus neueren Entscheidungen des Reichsgerichts.
setzungen die fernere Benutzung bestehender Privatschlächtereien zu untersagen, keine
solche Bestimmung enthält. VI. 164/96 vom 29. 10. 1896.
7. Der Kläger war vom Beklagten durch Vertrag für die Zeit vom 16. März
1891 bis 1. April 1894 gegen einen Stundenlohn von 45 Pf. als Schlosser an-
genommen. Er behauptet, im April 1892 zu Unrecht vom Beklagten entlassen worden
zu sein, und fordert jetzt seinen Lohn bis zum 1. Oktober 1892 abzüglich seines ander»
weiten Verdienstes in dieser Zeit. Beklagter wendete u. A. ein, der Kläger habe
bald nach seiner Entlassung einen Forstdiebstahl verübt, der den Beklagten auf Grund
von 8 123 Zisf. 2 der Gew.O. berechtigt haben würde, den Kläger zu entlassen.
. Dieser Einwand hätte vom Berufungsgericht nicht für unerheblich erachtet
werden sollen. Wenn nach der Entlassung des Klägers eine Thatsache eingetreten ist,
die bei fortgesetztem Dienstverhältnisse den Beklagten zur Entlassung berechtigt, mit
andern Worten ihn von der Verpflichtung befreit haben würde, den Kläger noch
länger im Dienst zu behalten, dann ist der Beklagte von Eintritt dieser Thatsache
an nicht mehr entschädigungspflichtig (Entsch. d. R.G.'s in Civils. Bd. 32 S. 249).
Unstatthaft würde die Berücksichtigung des nachträglich eingetretenen Entlassungs-
grundes nur in dem Falle sein, wenn in Frage gestellt werden müßte, ob dieser ohne
die erfolgte Entlassung eingetreten sein würde. Das geltend zu machen, wäre aber
Sache des Klägers gewesen und Zweifel in dieser Richtung sind von ihm nicht angeregt
worden. Es fragt sich daher, ob der behauptete Forstdiebstahl den Beklagten zur Ent-
lassung des Klägers berechtigt haben würde, und das muß bejaht werden. Nach § 123
Nr. 2 der Gew.O. kann ein Fabrikarbeiter vor Ablauf der vertragsmäßigen Zeit
und ohne Aufkündigung entlassen werden, wenn er sich eines Diebstahls oder
einer Entwendung schuldig macht. Unter „Diebstahl" fällt aber auch der Forst-
diebstahl. Denn nach dem hier in Betracht kommenden Preuß. Forstdiebstahls-
gesetz vom 15. April 1878*) ist, wie sich aus der Begriffsbestimmung in § 1
ergiebt, Forstdiebstahl Diebstahl. Hierzu kommt, daß die Bestimmung deö
§ 123 Nr. 2 der Gew.O., wenn unter Diebstahl der Forstdiebstahl nicht mit
inbegriffen wäre, keine einheitliche Norm für das Reichsgebiet enthalten würde, in-
sofern nämlich abgesehen davon, daß für Hamburg und Bremen keine besonderen
Forstdiebstahlsgesetze erlassen sind, in den Forstdiebstahlsgesetzen der übrigen Bun-
desstaaten die Abgrenzung des Forstdiebstahls gegenüber dem gemeinen Diebstahl
keine durchweg übereinstimmende ist. Und endlich ist in Betracht zu ziehen, daß,
wenn nach dem Gesetze schon die Entwendung, d. h. die in § 370 Nr. 5 des Reichs-
Str.G.B.'s mit Strafe bedrohte Uebertretung einen Entlassungsgrund bildet, dies
umsomehr auch vom Forstdiebstahl gelten muß. I. 192/96 vom 24. Okt. 1896.
8. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hat Beklagter der Forti-
*) Bergt, das Sachs. Forst- und Feldstrafgesetz vom 30. April 1873 und 24. Avril
}894, für welches die gleiche Auflassung zutreffen dürfte.