Full text: Sächsisches Archiv für bürgerliches Recht und Prozeß (Bd. 6 (1896))

Hausbesitzer, Treppenbeleuchtung. $27
Rückwege auf der obersten Stufe der das erste Stockwerk mit der Hausflur ver-
bindenden Treppe in der Dunkelheit das Gleichgewicht verloren und ist infolge
eines Fehltrittes die ersten fünf Stufen bis auf einen Treppenabsatz hinabgestürzt.
Er fordert Ersatz des hierdurch erlittenen Schadens, indem er geltend macht, der
Beklagte sei als Hauseigenthümer verpflichtet gewesen, die Treppe zu dieser Zeit
zu erleuchten, und habe den Unfall dadurch, , daß er dieser Verbindlichkeit durch
Unterlassung zuwidergehandelt habe, verschuldet. Die Klage ist von der vorigen
Instanz mit Recht abgewiesen worden.
Da am Tage des Unfalls für Großenhain keine örtliche Vorschrift bestand,
durch welche die Frage der Treppenbeleuchtung geregelt worden wäre, so ist nach
allgemeinen Rechtsgrundsätzen zu entscheiden, ob der Beklagte als Hausbesitzer
verpflichtet war, die Treppe seines Hauses zur fraglichen Tageszeit zu beleuchten.
Aus diesen ist eine solche Obliegenheit des Beklagten nicht herzuleiten. Es be-
steht kein Rechtssatz, welcher einem Hausbesitzer, der Wohnungen in seinem Hause
vermiethet, für die Regel im öffentlichen Interesse zur Pflicht machte, die Zu-
gänge zu den Mietwohnungen während der allgemeinen Verkehrszeiten beleuchtet
zu halten. Diese Annahme, von welcher das Reichsgericht laut UrtheilS vom
12. Februar 1894 — cfr. Entsch. des Reichsgerichts Bd. 33 S. 228 —.in
einer, nach dem Rechte im Gebiete des allgemeinen preuß. Landrechts zu beur-
theilenden Rechtssache ausgegangen ist, muß vom Standpunkt des in Sachsen
geltenden Rechts gleichfalls für zutreffend erachtet werden. Insbesondere ist es,
wie auch das Reichsgericht durch das erwähnte Urtheil indirekt anerkannt hat, un-
angängig, die Bestimmung in § 367 Z. 12 des R.St.G.B's. auf Haustreppen
zu beziehen. Dagegen können allerdings besondere Verhältnisse obwalten, .welche
für den Eigenthümer eines Hauses mit vermietheten Wohnungen die Verpflichtung
erzeugen , die. Treppen zu denselben bei Dunkelheit zu beleuchten. Zunächst fragt
es sich» ob nicht nach, dem Vorgänge des Reichsgerichts — man vergl. Bolze,
Praxis des Reichsgerichts Bd. 4. no. 338, Entsch. des Reichsgerichts in St.S.
Bd. 14 S. 362 und in C.S. a., a. O. . — derjenige, welcher in seinem Hause
einen „Verkehr" eröffnet hat, namentlich der Besitzer eines großstädtischen Mieth-
hauses, dessen Flur und Treppengänge auch des Abends nicht, nur von den
Miethbewohnern und ihren Hausgenossen, sondern auch von Fremden vielfach be-
treten werden, im Interesse der öffentlichen Sicherheit für verpflichtet angesehen
werden muß, dafür zu sorgen, daß andere durch die Anlagen des Hauses, ins-
besondere durch die mangelnde Beleuchtung der Treppen, keinen Schaden erleiden.
Allein Verhältnisse, wie sie dabei vorausgesetzt werden, liegen hier nicht vor, da
es sich um ein Haus in einer Klein- oder Mittelstadt handelt, dessen Parterre
vom Hauseigenthümer selbst bewohnt wird und in dessen Etagen sich nur wenige
und nur für Familien bestimmte Wohnungen befinden. Ferner dürfte sich für
den Besitzer eines Hauses mit Miethwohnungen eine Obliegenheit der fraglichen
Art nach Befinden aus besonders gefährlichen Zuständen der Treppen oder dar-
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