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Auszüge auS neueren Entscheidungen des Reichsgerichts.
stehe, und die subjektive Glaubwürdigkeit der sich widersprechenden Zeugen die
gleiche sei. Wenn das Berufungsgericht die Beklagte unter diesen Umstanden nicht
einfach als beweisfällig behandelte, sondern noch einem Inhaber der klagenden
Gesellschaft den Eid auferlegte, so ist damit jedenfalls der Beklagten kein Grund
zur Beschwerde gegeben. Mit Unrecht beruft sich die Beklagte aus die in dem
Urtheile des R.G.'s, Entscheidungen des R.G.'s Bd. 21 S. 371 flg., entwickelten
Grundsätze, denn gerade in dem durch dieses Urtheil entschiedenen Rechtsstreite
hatte das Berufungsgericht, obwohl es anerkannte, daß manche für die
Wahrheit der klägerischen Behauptungen sprechende Momente dargethan seien, den-
noch dem Beklagten den richterlichen Eid auferlegt, „weil die zu erweisende That-
sache der Beweispflicht der Klägerin unterstehe." Mit Recht wurde dieses Urtheil
aufgehoben, weil, „wenn nach Befinden des Gerichts soviel zu Gunsten des
Beweispflichtigen dargethan ist, daß die Auferlegung eines richterlichen Eides
überhaupt für erforderlich erachtet wird, für die Auswahl der Schwurpflichtigen
die Beweispflicht der Parteien schlechthin ohne Gewicht und nur das Maß der
dem Eide der einen oder der andern Partei beigelegten Ueberzeugungskraft von
Erheblichkeit ist." Mit diesen Grundsätzen tritt das jetzt angefochtene Urtheil
durchaus nicht in Widerspruch, da es, wie bemerkt, keineswegs annimmt, daß zu
Gunsten der bcweispflichtigen Beklagten irgend etwas dargethan sei, vielmehr er-
kennt eS auf einen richterlichen Eid, obwohl es davon ausgeht, daß keine Partei
mehr als die andere bewiesen habe. Bei dieser Sachlage aber konnte die Be-
rücksichtigung der Beweispflicht bei Auswahl des Schwurpflichtigen zu einer Bc-
nachtheiligung des Beweispflichtigen nicht führen und zwar umsoweniger, als der
Berufungsrichter bei dieser Auswahl sich auch hat dadurch bestimmen lassen, daß
jener Inhaber der klagenden Firma bei Leistung des Eides auch eigene Hand-
lungen in Abrede zu stellen hat, während ein Eid der Beklagten nur Wahr-
nehmungen und Handlungen ihrer Zechenverwaltung zum Gegenstände haben
würde. II. 34/96 vom 21. April 1896.
3. In einem von dem Rentner Heinrich M. gegen eine Handelsgesellschaft
angestrengten Prozesse war über eine streitige Parteibehauptung außer andern
Zeugen auch der Sohn des Klägers Felix M. als Zeuge abgehört worden. Nach-
dem dies geschehen war, starb der Kläger Heinrich M., und seine Erben, darunter
Felix M., traten in den Prozeß als Klagpartei ein. Das O.L.G. verwerthete bei
einer thatsächlichen Feststellung auch die Aussage des Felix M. dies wurde für
statthaft angesehen; „denn dieser Wechsel in der Stellung des Felix M. sei kein
gesetzliches Hinderniß für die Benutzung der vor Eintritt dieses Wechsels in gesetz-
mäßiger Weise erhobenen Zeugenaussage als Beweismoment." U. v. 7/III 1896.
I 391/95.
4. Der vom Berufungsgericht zum Sachverständigen ernannte Bücherrevisor
B. hat bereits in einem Strafverfahren, das gegen die Berufungsbeklagten anhängig
gewesen ist, in deren Auftrag und gegen Entgelt ein Gutachten über wesentlich