2.2.
Ist der Entwurf des Deutschen Bürgerlichen Gesetzbuchs en bloc annehmbar?
Von Oberlandesgerichtsrath von Sommerlatt
v. Soinrnerlatt, Ist der Entw. des dtsch. B.G.B.'s en dloe anzunehmen? 21
Ist der Entwurf des deutschen Bürgerlichen Gesetzbuchs en bloc
• annehmbar?
Lin Wort }nr Verständigung in letzter Stunde
von Oberlandesgerichtsrath v. Sommerlatt.
In kurzer Zeit hat der Reichstag über den Entwurf des bürgerlichen Ge-
setzbuchs Beschluß zu fassen. Die Gefahr liegt nahe, daß das Inkrafttreten des
Gesetzes durch eine Kommissionsberathung in Frage gestellt oder doch auf längere
Zeit verzögert werde. Um nun einerseits diese Uebelstände zu vermeiden, anderer-
seits zugleich den berechtigten Wünschen der Volksvertretung gerecht zu werden,
wird vorgeschlagen,
daß der Entwurf en bloc angenommen, gleichzeitig aber ein Gesetz erlassen
wird, durch das nach Ablauf eines Zeitraums von 10 Jahren, vom Inkraft-
treten des Gesetzes an gerechnet, eine Revision des letzteren angeordnet wird.
' A.
Für die Frage, ob der Entwurf en bloc angenommen werden kann, ist es
natürlich zunächst von ausschlaggebender Bedeutung, ob er überhaupt den An-
forderungen entspricht, die berechtigter Weise an eine derartige Gesetzesvorlage ge-
stellt werden können.
Drei Vorwürfe werden hauptsächlich gegen den Entivurf erhoben:
erstens soll er zu viel römisches, zu wenig deutsches Recht enthalten;
sodann soll er den socialen Anforderungen der Gegenwart nicht entsprechen;
endlich soll er in keiner gemeinverständlichen Sprache abgefaßt sein.
Keiner dieser Vorwürfe ist begründet.
I.
Wie der Gesetzgeber überhaupt stets mit dem vorhandenen Rechtszustande
rechnen muß, so wird vor Allem bei einer umfassenden Privatrechtskodifikation an
das bestehende Recht angeknüpft, also das Alte zur Grundlage des Neuen gemacht
werden müssen. Unstreitig ist das römische Recht seit mehr denn fünfhundert
Jahren in Deutschland zur Herrschaft gelangt/ Die im 15. Jahrhundert bereits
vollzogene Reception des fremden Rechts ist eine geschichtliche Thatsache, mit der
der Gesetzgeber rechnen muß und bisher in jedem Staate, der sich mit einer Neu-
ordnung des PrivattechtS befaßt hat, auch gerechnet hat.
Nachstehende Zahlen beweisen die gegenwärtige Bedeutung des römischen
Rechts für Deutschland. Nach den von Roth (deutsches Privatrecht Bd. 1 S. 1)
auf Grund der Vollszählung von 1875, die eine Einwohnerzahl von 42700000
ergeben hatte, gegebenen Nachweisungen gilt in Deutschland