620
Konventtonalstrafe.
der Beklagte außerhalb eines Umkreises von 10 Kilometern von Leipzig jedes be-
liebige Geschäft sollte betreiben dürfen, und sodann in der Weise, daß ihm auch
innerhalb jenes Umkreises nur verwehrt sein sollte, ein mit dem von ihm verkauf-
ten in Wettbewerb tretendes gleiches oder ähnliches Geschäft zu errichten oder zu
betreiben oder sich an einem solchen zu betheiligen. Nun würde es dem gewöhn-
lichen Sprachgebrauchs zuwiderlaufen, wenn man sagen wollte, die Ehefrau habe
ein Geschäft in Leipzig errichtet oder betreibe dort ein Geschäft, weil sie vom Sitze
ihrer gewerblichen Niederlassung, Naunhof, aus Waare nach Leipzig liefert und
sich bemüht, Bestellungen dortiger Händler auf ihre Maaren zu erhalten; sie macht
damit von Naunhof aus Geschäfte nach Leipzig, aber sie betreibt kein Geschäft in
Leipzig. Hieran ändert der Umstand, daß sie die Maaren den Bestellern selbst zu-
fahren läßt, nichts, es ist das nur eine Modalität des Transports der von aus-
wärts nach Leipzig verschickten Maaren, die für ihren Absatz dahin von Werth sein
mag, aber nicht die Annahme rechtfertigen könnte, daß sie in Wahrheit ein Ge-
schäft in Leipzig betreibe. Ebenso unerheblich ist die Art, wie sie um Be-
stellungen wirbt. So wenig man etwa von einem Hamburger Kaufmann, der
regelmäßig Handlungsreisende nach Leipzig zur Entgegennahme von Bestellungen
Seiten seiner Kunden oder zur Gewinnung neuer Kundschaft sendet, sagt, er be-
treibe ein Geschäft in Leipzig, so wenig läßt sich das gegen die Ehefrau des Be-
klagten um deswillen behaupten, weil, sie und ihr Ehemann in Leipzig Käsehändler
in deren Wohnungen oder Geschäftsräumen aufsuchen, um Bestellungen auf die in
Naunhof fabricierten Käse zu erlangen.
Die von der Klägerin vertretene Auslegung des Vertrags vom 5. März
1891 steht hiernach mit dessen Wortlaut in Widerspruch und könnte nur dann
angenommen werden, wenn die Natur der Sache oder die den Vertrag begleiten-
den Umstände eine solche ausdehnende Auslegung rechtfertigten. Auf besondere
Umstände dieser Art hat die Klägerin nicht Bezug genommen, die Natur der Sache
aber steht ihr nicht zur Seite. Die Bestimmung in § 4 des Vertrags ist auch bei
der an den Wortlaut sich haltenden Interpretation von erheblicher Bedeutung und
verleiht der Klägerin einen werthvollen Schutz gegen Konkurrenzunternehmungen des
Beklagten, es darf sogar als gewiß angesehen werden, daß der Schutz, welcher
ihr auch bei der engeren Auslegung verbleibt, nämlich daß der Beklagte in Leip-
zig jedenfalls kein Detailgeschäft mit den von ihm früher geführten Maaren be-
treiben, auch sich an einem solchen nicht betheiligen darf, für die Klägerin viel
wichtiger ist, als es die Verhinderung des Beklagten, von auswärts mit solchen
Maaren nach Leipzig Handel zu treiben, sein würde. Auch bei der an den Wort-
laut festhaltenden Auslegung hat daher die fragliche Vertragsbestimmung guten
Sinn und wirthschaftlichen Werth für die Klägerin. Auf der andern Seite würde
die von der Klägerin gewollte ausdehnende Interpretation, die übrigens bei Straf-
bestimmungen in Sachsen immer für unstatthaft angesehen worden ist, in Fällen
der vorliegenden Art auch durch die entsprechend anzuwendende Bestimmung in § 185
des B.G.B.'s ausgeschlossen erscheint,
vergl. auch Entscheidungen des Reichsoberhandels-Gerichts Bd. 13' S. 387
flg., Bd. 14 S. 267 flg.
zu Beschränkungen des Beklagten in seiner Erwerbsthätigkeit führen, die als
von den Parteien gewollt in Zweifel nicht angesehen werden können. So würde,
wie beispielsweise erwähnt sein möge, aus der von der Klägerin verlangten Aus-
legung des Z 4 des Vertrages vom 4. März 1891 auch die Folgerung abzu-
leiten sein, daß der Beklagte wenn er irgendwo ein größeres Landgut erworben