Full text: Sächsisches Archiv für bürgerliches Recht und Prozeß (Bd. 4 (1894))

23.1.10. Ein Geschäftsmann, der sich beim Verlaufe seines Geschäftes unter Vereinbarung einer Konventionalstrafe verpflichtet, innerhalb eines gewissen Umkreises vom Sitze seine bisherigen Geschäfts sein Konkurrenzgeschäft zu betreiben, verwirkt im Zweifel die Strafe nicht, wenn er ein geschäft, das als Konkurrenzunternehmen angesehen werden kann, außerhalb des vereinbarten Bezirkes begründet und von dort aus Waaren nach dem Orte, wo er das verkaufte Geschäft betrieb, an Wiederverkäufer liefert.

618

Konventionalstrafe.

Ein Geschäftsmann, der sich beim Verkaufe seines Geschäftes unter Ver-
einbarung einer Konventionalstrafe verpflichtet, innerhalb eines gewissen
Umkreises vom Sitze seines bisherigen Geschäfts kein Konkurrenzgeschäft zu
betreiben, verwirkt im Zweifel die Strafe nicht, wenn er ein Geschäft, das
als Konkurrenzunternehmen angesehen werden kann, außerhalb des ver-
einbarten Bezirkes begründet und von dort aus Maaren nach dem Orte,
wo er das verkaufte Geschäft betrieb, an Wicdervcrkäufer liefert.
O.L.G. Dresden, Urtheil vom 17. November 1893. 0. II. 172/93.
Der Beklagte betrieb Anfang des Jahres 1891 in einem Grundstück an der
Emilienstraße in Leipzig ein Milchgeschäft verbunden mit Butter- und Küsehandel.
Am 5. März 1891 verkaufte er dasselbe mit dem vorhandenen Inventar an die
beiden Inhaber der klagenden offenen Gesellschaft zum Preise von 18000 Mk.
In der über den Vertrag aufgesetzten Urkunde ist als Gegenstand des Kaufes be-
zeichnet: „Das ihm (dem Beklagten) gehörige, Emilienstraße... befindliche, von
ihm bisher betriebene Milchgeschäft" nebst Inventar, Maaren- und Wirthschafts-
vorräthe». In 8 4 derselben Urkunde ist bestimmt:
„Der Verkäufer darf weder in Leipzig noch im Umkreise davon von 10
Kilometern ein Milchgeschäft oder ein ähnliches Geschäft, welches geeignet sein
würde, dem Geschäfte der Abkäufer oder deren Rechtsnachfolger Konkurrenz zu
machen, errichten und betreiben, noch sich direkt oder indirekt an einem solchen
betheiligen. Für jeden Zuwiderhandlungsfall hat der Verkäufer an die Abkäu-
fer eine Konventionalstrafe von 10000 Mk. zu zahlen, ist auch verpflichtet, das
eventuelle Konkurrenzgeschäft bez. das Vertragsverhältniß in der von den Abkäufern
festzusetzenden Frist aufzulösen und hat für jeden Zuwiderhandlungsfall eine gleiche
Konventionalstrafe, wie vorstehend ausgeworfen, zu entrichten."
Seit dem Spätherbst 1891 hat die Ehefrau des Beklagten unter ihrem
Namen in Naunhof bei Grimma, einem Orte, der mehr als 10 Kilometer von
Leipzig entfernt liegt, den Betrieb einer Käserei angemeldet. In diesem Geschäfte
wird insbesondere sogenannter Landkäse hergestellt und vertrieben und zwar auch
nach Leipzig.
Die Klägerin war der Meinung, daß der Beklagte die vereinbarte Vertrags-
strafe verwirkt habe, und erhob Klage auf Bezahlung eines Theilbetrags derselben in
Höhe von 3000 Mk. Sie behauptete, die Anmeldung des Geschäfts in Naunhof auf
den Namen der Ehefrau des Beklagten sei lediglich formell, thatsächlich betreibe
der Beklagte das Geschäft, daffelbe sei vorwiegend auf den Absatz des Käses nach
Leipzig berechnet, der Beklagte habe sogar seit Anfang des Jahres 1892 in Leip-
zig mehrere Verkaufsstellen und Niederlagen eingerichtet, von denen aus er durch
seine Kommissionäre seine Kundschaft mit Käse versorge.
Der Beklagte bestritt, daß in Wahrheit er das Käsereigeschäst in Naunhof be-
treibe; daffelbe sei mit den Mitteln seiner Eheftau erworben und eingerichtet, sie
betreibe es, seine eigene Thätigkeit dafür beschränke sich darauf, Wiederverkäufern,
die Käse bei seiner Ehefrau bestellt hätten, solche zuzufahren. Konkurrenz werde
auch durch das Geschäft seiner Ehefrau demjenigen der Kläger nicht bereitet, da
diese nur Käse unmittelbar an das Publikum, nicht an Wiederverkäufer absetzten.
Von einem Verbote, Käse nach Leipzig zu verkaufen, sei in der Urkunde nicht die
Rede. Die erste Instanz (L.G. Leipzig) verurtheilte nach dem Klagantrage, das
Berufungsgericht aber wies die Klage ab. In den Entscheidungsgründen des zweiten

Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.

powered by Goobi viewer