Full text: Sächsisches Archiv für bürgerliches Recht und Prozeß (Bd. 4 (1894))

. Unmöglichkeit der Erfüllung eines Mietvertrags. 617
Schuppen mit Wandungen, darauf zu errichten. Dies ist noch besonders in der
Vertragsurkunde hervorgehoben worden. Fiel jene Füglichkeit hinweg, so waren
die Beklagten an sich berechtigt, die Miethzinszahlung zu verweigern (B.G.B.
ß 1198) oder ganz vom Vertrage zurückzutreten (8 1221).
Zu vgl. Entsch. d. R.G. Bd. 4 S. 170. Sächsisches Archiv Bd. 2 S. 639.
Nun ist vom Stadtrath die Bebauung des Platzes mit Schuppen nicht
untersagt, sondern bedingunsweise gestattet worden. Es kann ohne weiteres davon
ausgegangen werden, daß es in solchem Falle Sache des Miethers ist, die bau-
polizeilichen Bedingungen zu erfüllen, und es darf auch als allgemein bekannt
vorausgesetzt werden, daß zur Errichtung von Schuppen die Genehmigung der Be-
hörde nöthig ist. Die Verpflichtung des Vermiethers kann demgemäß nur darin
bestehen, dem Miether die Aufführung von Schuppen zu gestatten und seinerseits
bei der Behörde dasjenige zu thun, was diese etwa speziell von ihm verlangt und
was von dem Miether nicht vorgenommen werden kann, wobei ihm der Ersatz-
anspruch gegen den Miether vorbebalten bleibt.
Zu vgl. Wengler's Archiv'1890 S. 197.
Im vorliegenden Fall ist jedoch eine andere Beurtheilung geboten. Der
Stadtrath hat die Errichtung bezw. den Fortbestand des Schuppens von denselben
Bedingungen abhängig gemacht, die er früher dem Kläger für die Genehmigung
eines Hausbaues auf dem Grundstück gestellt hatte. Diese Bedingungen waren:
Sicherheitsleistung für bauordnungsmäßige Herstellung der angrenzenden Straße
bis zur nächsten Straßenkreuzung, Sicherheitsleistung für Beschaffung des zu dieser
Straßenstrecke längs des Grundstücks des Klägers erforderlichen Areals, und sofor-
tige Abtretung der zur Straße kommenden Theile des Grundstücks des Klägers.
Als weitere Bedingungen fügte der Rath hinzu: Die Zahlung der Lutherplatzbei-
träge und die Uebernahme der Verpflichtung zur Zahlung von Beiträgen zu den
Kosten der Ueberwölbung des Gablenzbaches. Die Erfüllung dieser Bedingungen
hätte Aufwendungen erfordert, die zu [ber Geringfügigkeit des Miethobjekts in
keinem Verhältniß standen. Unter diesen Umständen ist davon auszugehen, daß
den Beklagten durch die von der Behörde gestellten Bedingungen die Benutzung
des Platzes tatsächlich unmöglich gemacht worden ist. Denn vernünftiger Weise
wird ein Miether nicht lediglich dafür, daß er einen gemietheten Platz mit Schuppen
benutzen kann, neben dem Miethzinse noch derartige schwere pekuniäre Opfer bringen.
Es leuchtet ohne weiteres ein, daß die Beklagten, hätten sie dies vorausgesehen,
den Mietvertrag nicht abgeschlossen haben würden. Nach den Intentionen der
Parteien muß bei dieser Gestaltung der Sache die Benutzung des Platzes in der
bei Abschluß des Vertrags vereinbarten Weise als unmöglich angesehen werden.
War hiernach der Kläger zwar nicht verpflichtet, die ihm vom Stadtrath
gestellten Bedingungen zu erfüllen, damit die Beklagten die Schuppen bauen bez.
stehen lassen konnten, trifft ihn mithin nicht ein Verschulden, daß er die geforderte
Caution nicht hinterlegt hat, so hat er doch — wenn auch ohne jedes Verschulden,
denn daß er gewußt habe oder sich habe sagen müffen, der Stadtrath werde die
für den Hausbau vorgeschriebenen Bedingungen auch bei der Errichtung eines
Schuppens stellen, ist ihm aus den Rathsakten nicht nachzuweisen — die Be-
nutzung nicht in der bezweckten Weise gewährt. Die Beklagten konnten daher
sowohl nach Z 1198 Erlaß des Miethzinses fordern, als auch nach § 1221 des
BGB.'s vom Vertrage abgehen, da der Gebrauch des Platzes in erheblicher Weise
gehindert wurde.

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