Full text: Sächsisches Archiv für bürgerliches Recht und Prozeß (Bd. 4 (1894))

3.1.3. Differenzgeschäft. Verwechselung der Begriffe Vertragszweck und Vertragsinhalt.

.Differenzgeschäst.

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Es geht dabei sogar noch weiter als das Sächsische Recht, insofern es Un-
wirksamkeit des Geschäfts gegenüber dem Betrogenen auch dann statuirt, wenn
der durch den Betrug veranlaßte Jrrthum ein unwesentlicher gewesen ist.
Allgem. Landrecht Theil I Tit. 4 §§ 84, 85, Förster-Eccius a. et. O.
Hiernach allenthalben war die vorige Entscheidung zu bestätigen rc.
Differenzgeschäft. Verwechselung der Begriffe Vertragszweck und Ver-
tragsinhalt.
Urtheil d. R.G. I. Civ.-S. vom 8. November 1893. I. 280/83.
Nach Inhalt einer Schlußnote vom 28. Dezember 1891 kaufte der inzwischen
verstorbene Louis S. per August 1892 von der Klägerin 2000 Säcke Rüben-
Rohzucker. S. starb im Mai 1892 und die Beklagten beauftragten als dessen
Borbehaltserben die Klägerin, das Geschäft durch ein entsprechendes Gegengeschäft
zu realisiren. Dieser Auftrag wurde nach Inhalt einer Schlußnote vom 16. Mai
1892 durch Verkauf von 2000 Säcken Rüben-Rohzucker per August 1892 von
Lottis S. an die Klägerin ausgeführt. Als Ergebniß der beiden Geschäfte stellte
sich eine Differenz von 11179 Mk. 5 Pf. zu Gunsten der Klägerin heraus. Die
Beklagten lehnten die Zahlung mit der Behauptung ab, daß das Geschäft, über
welches die Schlußnote vom 28. Dezember 1891 lautet, ein reines, nicht klag-
bares Differenzgeschäft gewesen sei.
Die VI. Kammer für Handelssachen des L.G.'s Hamburg verurtheilte die
Beklagte solidarisch, nach Kräften des S.'schen Nachlasses der Klägerin 11173 Mk.
5 Pf. nebst 6"/, Zinsen seit dem 16. Mai 1892 zu zahlen.
Auf Berufung der Beklagten wurde vom O.L.G. Hamburg die solidarische
Verhaftung der Beklagten in Wegfall gebracht, im Uebrigen aber die Berufung
zurückgewiesen.
Das R.G. hob das zweitinstanzliche Urtheil auf mit nachstehender Be-
gründung.
Die Behauptung, daß das Geschäft vom 28. Dezember 1891 als reines
Differenzgeschäst vereinbart sei, haben die Beklagten nach ihrer in der zweiten In-
stanz wiederholten Darstellung zur Verhandlung der ersten Instanz dahin vorge-
tragen, es sei zwischen W.*) und S. ausdrücklich vereinbart, daß das Geschäft
selbstverständlich nur per Differenz regulirt werden sollte, nnd eventuell, es sei
eine solche Vereinbarung aus den Umständen zu entnehmen. In letzterer Be-
ziehung ist noch näher ausgeführt, „aus den in der ersten Instanz vorgetragenen
besonderen Umständen sei zu entnehmen, daß stillschweigend nur eine in die Form
eines Kaufgeschäfts cingekleidet.es Spiel gewollt war." Dadurch wird die Annahme
begründet, daß auch die Behauptung der Klagebeantwortung, die Unterzeichnung
der Schlußnote sei von W. als eine einfache Formalität bezeichnet, vorgetragen sei.
Die Beklagten haben mithin in Anlehnung an die völlig übereinstimmende
Rechtsprechung des R.O.H.G.'s und des Reichsgerichts (vgl. Urtheil d. R.O.H.G.'s
vom 4. Juni 1872 — Entsch. Bd. 6 S. 223, — vom 21. November 1874
— Entsch. Bd. 15 S. 279, — vom 1. April 1876 — Entsch. Bd. 21 S. 104,
— und des Reichsgerichts vom 2. Februar 1884 — Entsch. des Reichsgerichts
Bd. 12 S. 15, — ferner Staub Kommentar, zu Artikel 357 H.G.B.'s

*) dem Vertreter der Klägerin.

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