Anfechtung wegen Betrugs.
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er habe die Klägerin für eine in Sachsen zum Geschäftsbetriebe zugelassene Ge-
sellschaft gehalten. Schon an sich pflegt Jeder davon auszugehen, daß eine Ver-
sicherungsgesellschaft, die ihm ihre Dienste anbietet und bez. ihn zum Beitritte
auffordert, sich an die bestehenden Vorschriften halten und ihren Geschäftsbetrieb
nicht auf Orte ausdehnen werde, in denen ihr Geschäfte zu machen bei Strafe
verboten ist. Im vorliegenden Falle ist es aber um so glaubhafter, daß der Be-
klagte von der erwähnten Annahme ausgegangcn sei, da die Klägerin unbestrittener-
maßen einen Agenten für den Ort R. in der Person des dortigen Gemeindevor-
standes, also eines Organs der Ortsobrigkeit angenommen hatte. Der Beklagte
mußte voraussctzcn, daß die Klägerin hierzu nicht verschrittcn sein werde, wenn
sie nicht die Erlaubniß erlangt hätte, ihren Geschäftsbetrieb aus Sachsen auszudehnen.
Der Vertreter der Klägerin aber konnte sich bei dieser Sachlage nicht im Zweifel da-
rüber beflnden, daß der Beklagte in diesem Jrrthume sein werde, und das Be-
rufungsgericht sieht, wie bereits erwähnt worden, als dargethan an, daß er die
Nichtzulassung der Klägerin zum Geschäftsbetriebe in Sachsen verschwiegen hat,
weil er durch deren Bekanntwerdung Mißerfolg seiner Bestrebungen, Versicherungs-
verträge zu vermitteln, befürchtet hat.
Mit Recht hat aber endlich auch die vorige Instanz angenommen, daß an-
nehmbar der Beklagte von dem Abschlüsse des ganzen Vertrags Abstand ge-
nommen haben würde, wen» er den wahren Sachstand bezüglich der Verhältnisse
der Klägerin gekannt, nämlich gewußt hätte, daß diese in Sachsen zur damaligen
Zeit Versicherungsverträge noch nicht abschlicßen dürfe. Die Kenntniß davon, daß
die Uebertretung von Vorschriften der fraglichen Art einem verbotswidrig abge-
schlossenen Vertrage noch nicht ohne Weiteres seine civilrechtliche Wirksamkeit be-
nimmt, kann in den Kreisen, denen der Beklagte angehört, nicht vorausgesetzt
werden; es liegt deshalb nahe, anzunehmen, daß der Beklagte sich auf einen Ver-
trag mit der Klägerin, dafern er gewußt hätte, daß diese die Zulassung für
Sachsen noch nicht erlangt habe, schon um deswillen nicht eingelassen haben
würde, weil er gefürchtet hätte, es könne, wenn ihn Hagelschaden treffe, die Gil-
tigkeit des Vertrags mit Rücksicht aus das bei dessen Abschluß übertretene Verbot
in Zweifel gestellt werden. Ebenso naheliegend ist es, daß der Beklagte, wenn
er jenen Umstand gekannt hätte, daraus Bedenken gegen die Verläßlichkeit der
Klägerin entnommen, nämlich den Verdacht daraus geschöpft hätte, die Klägerin
leiste nach ihren Einrichtungen nicht denjenigen Anforderungen Genüge, welche das
Sächsische Ministerium bei Zulassung nichtsächsischer Gesellschaften in Sachsen zu.
stellen pflege.
Wenn man nun auch zuzugeben hätte, daß alle solche Zweifel, die sich der
Beklagte bei Kenntniß des wahren Sachverhalts voraussetzlich gemacht hätte, in
Wahrheit unbegründet gewesen sein würden, so würde damit für die Klägerin
nichts gewonnen. Denn es kommt nur darauf an, ob mit Grund angenommen
werden kann, der Beklagte würde, wenn ihm die Klägerin und deren Vertreter
über das Verbot, welches dem Abschlüsse des Versicherungsvertrags zur damaligen
Zeit noch entgegenstand, offen Mittheilung gemacht hätten, den Vertrag nicht
haben schließen wollen, nicht ist entscheidend, ob er zu einer solchen ablehnenden
Haltung bei allenthalben zutreffender rechtlicher Beurtheilung der' einschlagenden
Verhältnisse zwingenden Anlaß gehabt hätte.
Indessen braucht auf diese Erwägungen nicht einmal ausschlaggebendes Ge-
wicht gelegt zu werden. Der Beklagte kann beanspruchen, daß ihm in Mangel
jeden Anhalts für daS Gegentheil zugetraut werde, er würde bei Kenntniß des