Full text: Zeitschrift für deutsches Recht und deutsche Rechtswissenschaft (Bd. 14 (1853))

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Erinnerung an W. Pfeiffer.
digung des Bundestagsbeschlusses vom 21. September
1850, den dermaligen Conflikt der kurhesssischen Re-
gierung mit den Ständen über die Steuerfrage be-
treffend, Cassel 1850" darzulegen sich bemüht, daß jenem Be-
schlüsse keinerlei Rechtsverbindlichkeit, so wenig an und für sich,
als nach seiner Einwirkung auf die knrhessischen Verhältnisse zuge-
standen werden könne. Als aber die kurhessische Staatsregierung
so weit gegangen war, daß sie den Gerichten bei Meldung kriegs-
rechtlicher Behandlung untersagte, über die Rechtmäßigkeit und
Wirksamkeit der einseitig erlassenen Verordnungen vom 4. 7. und
28. September 1850 zu entscheiden, die hierauf bezüglichen bereits
verkündigten und in Rechtskraft getretenen Erkenntnisse für wir-
kungslos erklärte, die dagegen von dem höchsten Gerichtshöfe mit
Ernst und Nachdruck erhobene Remonstration zurückwies, und end-
lich sogar, um die Befolgung jener Verordnungen zu erzwingen,
den einzelnen Mitgliedern der Justizbehörden militärische Erccntion
hatte einlegen lassen, da war es wieder Pfeiffer, der furchtlose
Streiter für Recht und Wahrheit, welcher seinen ernst mahnenden
Ruf vernehmen ließ. Er lieferte in seiner Schrift: „Die Selb-
ständigkeit u n d Unabhängigkeit des R L ch t e r a m t e s,
Göttingen 1851" durch ein reichhaltiges geschichtliches Material auf
das Bündigste den Nachweis, auf welchen starken Säulen der Dom
der Gerechtigkeitspflege, wie in ganz Deutschland, so in Kurhessen
besonders, bis dahin geruht habe, wie Fürsten und Volk seit Jahr-
hunderten von der Ueberzeugung durchdrungen gewesen, daß die
heilsame, Gott und den Menschen wohlgefällige Gerechtigkeitspflege
die wahre Grund feste alles Regiments, die Selbständigkeit und
Unabhängigkeit des Richteramtes aber die wesentlichste Grundbe-
dingung einer vollkommen gesicherten Rechtspflege sei. Er wies,
Angesichts der verhängnißvollen Ereignisse der Gegenwart, des
trostlosen Rechtszustaudes in Deutschland, darauf hin, wie düngend
nothwendig es sei, daß in eine neu zu erschaffende oder zu verbes-
sernde Bundesverfassung die Wiederaufrichtung eines völlig unab-
hängigen Organs ausgenommen werde, von welchem ein jeder in
seinem Rechte Bedrängte — Landftände und Gerichte und alle ein-
zelnen Staatsbürger — wirksamen Schutz für ihr gekränktes Recht
zuversichtlich erwarten könnten. „Bleibt auch der tiefgebeugten
deutschen Nation," — sagte er in seinem Schlußworte — „bleibt
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