Full text: Zeitschrift für deutsches Recht und deutsche Rechtswissenschaft (Bd. 14 (1853))

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Kompe:

oder ohne Herrschaft, aber mit der Leibzucht. Es begründet dieser
Vertrag nach der Auffassung des Gerichtsgebrauchs eine Individual-
succession (im nicht technischen Sinne), und dient solchergestalt dazu,
die Zersplitterung der Güter zu verhindern, dadurch aber einen
wohlhabenden Stand der Grundbesitzer zu erhalten.
Wie für andere Provinzen, so hat auch für Oberhessen die
Gesetzgebung den Grundsatz der Untheilbarkeit der Bauerngüter
aufgehoben, und es entsteht deßhalb die theoretisch interessante,
praktisch aber sehr wichtige Frage, welche rechtliche Wirkung die
durch daS Gesetz gegebene Möglichkeit der Zerstückelung der bis
dahin untheilbaren Güter auf das Institut des Gutsübergabever-
trags im engeren Sinne mit sich führe. Ergiebt es sich, daß mit
Aufhebung des Prinzips der Untheilbarkeit auch die daran geknüpf-
ten Folgen wegfallen, und hat der Staat ein Interesse daran, diese
Folgen dennoch für die Zukunft eintreten zu lassen — es scheint
dieß der Fall zu sein, indem in mehreren Staaten sich Bestrebungen
zeigen, die Untheilbarkeit der Güter in gewissem Maße beizube-
halten, beziehungsweise wieder herzustellen, — so dürfte es an der
Zeit sein, daß die Gesetzgebung in dieser Richtung thätig werde.
Diese Rücksicht wird mein Unternehmen, den Gutsanschlag zu
behandeln, rechtfertigen und zeitgemäß erscheinen lassen. Gleiches
darf ich wohl auch unterstellen bezüglich der Ausführung über das
eigenthümliche Verhältniß, welches bei dem Gutsanschlage mit vor-
behaltener Herrschaft entsteht und in Oberhessen häufig vorkommt.
Denn soweit mir bekannt, hat diese Modifikation des Gutsüber-
gabevertrags eine umfassende Erörterung noch nicht gefunden.
I. Einleitung.
§. 1. Von der Uebertragung des Grundeigenthums
auf den Todesfall mit Vorbehalt des Nießbrauchs
nach älterem und späterem deutschen Rechte.
Im älteren deutschen Rechte war die Uebertragung des Grund-
eigenthums mit vielen Schwierigkeiten verknüpft. Was insbeson-
dere die Uebertragung auf den Todesfall anlangt, so bestand der
Rechtssatz: daß Niemand in der Art über sein Vermögen eine
Verfügung treffen könne, daß deren Wirkung erst mit dem Tode

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