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ckheilten Stellen ist die Witwe auch Vormünderin, und da keine
Gcschlechtsvormundschaft besteht, so kann es nur unter besonderen
Umständen zu einer Bevormundung der Kinder bei Lebzeiten der
Mutter kommen, vgl. 145. Die Witwe erscheint auch selbstständig
vor Gericht, 370, 500. Der Beisitz soll zwar so lange fortdauern,
bis die Witwe den Witwenstuhl verrückt, 502, vorausgesetzt, daß
die Kinder nicht schon früher wegen erlangter Selbstständigkeit ab-
gesondert wurden; wir finden aber, daß im wirklichen Leben —
und in dieses werden wir durch diese Schöffensprüche natürlich
mehr eingefuhrt, als durch ein Rechtsbuch, welches stets die Regel
in das Auge faßt — die Witwe auch nach der Wiederverhei-
rathung noch nicht zur Absonderung schritt, dies vielmehr oft erst
auf Antrag der Freunde und Verwandten der Kinder, wie es die
Umstünde mit sich brachten, erfolgte, 361, 622. Auch begnügte
man sich, den Vermögenstheil der einzelnen Betheiligten festzustellen
(assignare) 364, ohne daß der Beisitz selbst beendet ward. Der
Witwe pflegte das Ihrige in beweglichen Sachen angewiesen zu
werden, so daß den Kindern die unbeweglichen Güter verblieben.
Die Prioritätsordnung der Gläubiger.
Wir schließen diesen Allfsatz mit einigen Bemerkungen über
die Bestimmungen des Schöffenbuches über die Rangordnung der
Gläubiger, die als Beitrag zu der noch wenig bearbeiteten Ge-
schichte des Concurses, diene» mögen. Wie sich in anderen deut-
schen Rechtsquellen des Mittelalters Vorschriften über den Vorzug
gewisser Forderungen finden, und schon nach dem Sachsp. I. 22,
§. 2 von der Verlassenschaft zu aller erst dem Gesinde sein ver-
dienter Lohn bezahlt werden soll (diese Stelle ist 174 übcrgegan-
gen), so finden wir auch in der unfern beachtungswerthe Sätze über
den fraglichen Gegenstand, wenn schon noch keine ausgebildete Prio-
ritatSordnung der Gläubiger.
Als ein Hauptgrundsatz für die Ordnung der Befriedigung
mehrerer Gläubiger eines Schuldners erscheint der, daß das Al-
ler der Forderung zunächst den Vorzug gi'ebt; dies gilt nicht blos
sür die Pfandgläubiger, 567, oder die, welche einen Arrest ausge-
drachl haben, 392, sondern auch für alle gemeinen Schulden,
W, 169, 170, 176. Zweifelt man hinsichtlich des Alters, so daß