576 . Coith, über die Voraussetzungen für die Schadensersatzpflichi
St.G.B.'s) bedrohen nur das vorsätzliche Verbrechen, resp. Vergehen mit
Strafe. Wenn man also und soweit man das Kriterium für das „widerrechtlich"
des § 704 aus der „Rechtsordnung" (aus dem S1.G.B. u. s. w.) zu entnehmen
haben soll, würde nicht widerrechtlich eine Handlung sein, welche den Thatbe-
stand des betreffenden Verbrechens oder Vergehens, jedoch ohne die Vorsätzlichkeit,
enthielte, vielmehr nur aus Fahrlässigkeit begangen wäre.
Nun macht aber § 704 zwischen Fahrlässigkeit und Vorsatz keinerlei Un-
terschied und es liegt nahe, anzunehmen, daß der Gesetzgeber dies mit wohlüber-
legter Absicht gethan habe, da für das Privatrecht auf den bösen Willen weniger
inkommt, als auf den Erfolg; der angerichtete Schaden wiegt gleich schwer, er
mag einer Bosheit oder einer Unbedachtsamkeit seinen Ursprung verdanken.
In den Motiven wird dieser Punkt berührt und zwar bei Besprechung der
§§ 704 und 727 (Bd. II p. 727 und 796). Aus den dortigen Bemerkungen
ersieht man, daß die Herrn Verf. des Entw. (soweit man die Privatarbeit der
Motive als ein richtiges Zeugniß für ihre Meinung zu betrachten hat, was ja
auch nicht ganz zweifellos ist) in Fällen, wo das Strafgesetz nur das vorsätzliche
Handeln bedroht, an die bloße Fahrlässigkeit nicht die Folge der Schadensersatz-
pflicht geknüpft wissen wollendes müßte denn die Verletzung eines Rechtes des
Andern vorliegen (also Abs. 2 von § 704 anwendbar sein) oder die betreffende
Handlung aus anderen Gründen als eine illoyale anzusehen sein, z. B. gegen
die guten Sitten verstoßen. Wenn dieses der Sinn des Gesetzes sein sollte, so
wäre es aber doch wohl zur Vermeidung einer falschen Auslegung wenigstens räthlich,
in Abs. 1 von § 704 die Worte „aus Vorsicht oder Fahrlässigkeit" zu streichen,
da in diesem Abs. an die Fahrlässigkeit für sich allein eine nachtheilige Folge
nicht geknüpt sein würde, als Kriterium vielmehr nur die Illoyalität der Handlung
(der Verstoß gegen ein gebietendes Gesetz oder gegen die guten Sitten) übrig bliebe
und diese Voraussetzung schon durch das Wort „widerrechtlich" genügend gekenn-
zeichnet sein würde.
Die vorstehenden Bemerkungen und ein Hinweis darauf, daß die Begriffe
von den „guten Sitten" im Publikum — je nach den Schichten desselben —
äußerst verschieden sind, dürften genügen, um eine Revision der §§ 704 und 705
als geboten erscheinen zu lassen. Wenn irgend in einem Punkte, so ist in Bezug
auf die Merkmale des Privatdelicts eine möglichst kare Förmelung der gesetzlichen
Bestimmungen wünschenswerth, da durch die Begehung eines solchen ein Mensch,
ohne es auch nur zu ahnen, sich die schwerste Verantwortlichkeit aufbürden kann.
Zwar wird in vielen Fällen einem Jeden sein Gewissen sagen, was er zu thun
und zu lassen habe. z. B. wo die zehn Gebote oder wo Leben, Gesundheit, Frei-
heit und Ehre der Mitmenschen in Frage kommen; wo aber der ganze große Ap-
parat der positiven Gesetzgebung und vielleicht sogar die polizeilichen Vorschriften
und. daneben auch noch die ungeschriebenen Gebote der guten Sitten mitzu-