Full text: Sächsisches Archiv für bürgerliches Recht und Prozeß (Bd. 1 (1891))

Versprechen der Prokuraertheilung. 495
verzichtbaren, freien Selbstbestimmung in Bezug auf Gewährung wie Zurück-
ziehung einer Prokura sei und daher nicht rechtswirksam habe eingegangen
werden können.
Das Beruftmgsgericht verwirft diese Auffassung der Beklagten. Es fiihrt
aus, daß ein Bevollmächtigter keinen Anspruch auf Fortbestehen einer Vollmacht
habe, ferner, daß eine ertheilte Vollmacht jederzeit widerrufen werden könne, sowie
daß ein Uebereinkommen auf eine zu ertheilende Vollmacht keinen Anspruch aus
Bevollmächtigung für den in Aussicht genommenen Vertreter gebe. Aber nach
der Ansicht des Berufungsgerichts soll es auf alles dies hier nicht ankomme»,
weil die Prokuraertheilung hier den Bestandtheil eines mit dem Kläger geschlossenen,
auf Uebertragung des Berliner Geschäfts an denselben gerichteten Geschäfts bilde,
und Beklagte dem Kläger Vertragserfüllung schulde.
Das Berufungsgericht stellt also einander gegenüber eine Prokuraertheilung,
bei welcher das zu Grunde liegende Geschäft der Auftrag zum Betriebe des Handels-
geschäfts des Prokuraertheilers ist, und eine Prokuraertheilung, die als Einräumung
der Vertretungsmacht ihre Grundlage nicht in einem solchen Stuftrage hat, sondern
in einem aus Uebereignung von Vermögensrechten gerichteten Rechtsgeschäfte, dessen
vertragliche Wirkungen durch solche Machteinräumung sicher gestellt oder vermittelt
werden sollen. Im elfteren Falle wird die unverzichtbare Besugniß zur Willens-
ändcrung anerkannt, weil der für einen Anderen als Geschäftsherr in dessen In-
teresse zur Geschäftsführung Beauftragte kein Recht auf die Geschäftsführung, viel-
mehr ein solches nur auf die derselben entsprechende Vergiituug haben kann. Im
zweiten Falle aber soll entsprechend der rechtlichen Gebundenheit, welche für das
auf die Uebertragung von Vermögensrechten zu eigenem Rechte des Erwerbers ge-
richtete Grundgeschäft besteht, auch die Gebundenheit zur Ertheilung und Aufrecht-
haltung der Prokura als integrirendem Theile jenes Geschäfts bestehen.
Die Erkennbarkeit dieser Unterscheidung lvird in den Gründen des Berufungs-
urtheils nur dadurch einigermaßen beeinträchtigt, daß anscheinend ein Werth da-
rauf gelegt wird, ob die Begründung des Rechts für die Person Desjenigen, der
selbst die Prokura führen soll, oder für einen Dritten erfolgt. Dies ist aber
unerheblich. Kann die Einräumung der Prokura als Machtvollkommenheit
überhaupt integrirender Theil eines anderen Geschäfts als eines bloßen Auftrags
sein und alsdann derselben Gebundenheit wie dieses Geschäft unterliegen, so muß
sie auch dem aus dem Geschäft Berechtigten zur Ausübung in eigener Person über-
tragen werden können, sodaß derselbe seine eigene Bestellung als Prokurist und
Erhaltung in dieser Stellung als Vertragserfüllung fordern können muß. Offenbar
kann die prinzipielle Entscheidung nicht, je nachdem der Kläger die Prokura für
sich selbst oder, wie hier, für einen Anderen, den er aber gewählt hat und der
sein Geschäftsführer sein soll, forderte, eine verschiedene sein.
Die gekennzeichnete materielle Scheidung wird mehrfach in Kritiken des Entw.
eines B.G.B.'s für das Deutsche Reich gegenüber der bei der einfachen Vollmacht

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