Full text: Sächsisches Archiv für bürgerliches Recht und Prozeß (Bd. 1 (1891))

298 Zum Zmmobiliarpfandrechte des deutschen Entwurfes.
Die Lebensbedingung des Pfandrechtes wird der Hypothek entzogen, ohne
dieselbe zu vernichten! Das Problem will die Kritik lösen durch Umgestaltung
der Hypothek zu einem selbständigen Rechte — Werthrecht, Realobligation, Grund-
schuld. Geht aber ein solches Verfahren nicht weit hinaus über das gesetzgebe-
rische Ziel? Das Pfandrecht erstrebt die Herstellung einer Sicherheit für die Er-
füllung einer Schuld, welche durch den Vermögensverfall des Schuldners nicht alterirt
wird. Eine derartige Sicherheit erlangt der Gläubiger, wenn ihm der Schuldner
einzelne Theile seines Vermögens mit der Ermächtigung zur Verfügung stellt, für
den Fall unterbleibender Schuldtilgung hieraus in geeigneter Weise durch Verkauf,
Einziehung u. s. w. Befriedigung sich zu verschaffen, und die Rechtsordnung diesen
eventuellen Sachgenuß durch ein allgemeines Verbot gegen Störungen in
Schutz nimmt.
Das Recht auf eine Werthportion des Grundstückes, auf Zahlung einer
Summe aus dem Grundstücke gewährt zwar dem Gläubiger auch volle Sicherheit
durch die Möglichkeit der Befriedigung aus dem Grundstücke, außerdem aber noch
weitergehende Befugnisse, die er gar nicht beansprucht, weil die gewünschte Sicher-
stellung der Forderung solche nicht bedingt, und die sonach den Schuldner benach-
theiligen ganz ohne Grund. Dies tritt sofort zu Tage, sobald Werthrecht und Real-
obligation ohne die zu sichernde Forderung in die Hand des gutgläubigen Dritten
gelangen. Da letzteren die Verabredung, es solle das Werthrecht, die Realob-
ligation zur Sicherung einer bestimmten Schuld dienen, nicht bindet, kann er die
Werthportion durch Veräußerung des Grundstückes sich verschaffen, die Real-
schuld aus dem Grundstücke beitreiben ohne Rücksicht darauf, ob der Cigenthümer

Jahrb. f. Dogm. Bd. 6 S. 172 flg., Unger, idiä. Bd. 10 S. 87 flg., Martinius, An-
waltsgutachten H. 8 S. 610. Da der Verkäufer den Anspruch auf Zahlung des Kaufpreises
behält, wird er durch die Forthastung aus der persönlichen Schuld nicht beschwert. Der
Käufer braucht nicht eine persönliche Verpflichtung zur Zahlung aus eigenen Mitteln zu
Übernehmen, welche ihn noch bindet, nachdem er das Eigenthum am Grundstücke längst
wieder auf einen Anderen übertragen hat, und nach Wegfall des dousüoium sioussionw
personalis irgend einen weitergehenden Vortheil als den im Wege der blosen Sicherstellung
ebenfalls erreichbaren nicht bietet — Entsch. d. R,G. Bd. 7 S. 181. Der Hypothekengläu-
biger behält seinen bisherigen Schuldner, dessen Weiterhaftung namentlich im Falle der
Veräußerung an «inen wenig kapitalkräfttgen Erwerber ihm von großem Nutzen sein kann
— ich erinnere an die gar nicht seltenen Fälle des Ankaufes eines Landgrundstückes lediglich
zum Zwecke der Ausschlachtung — und wird nicht ohne sein Zuthun in ganz unerhörter
Weise dadurch begünstigt, daß er statt des einen persönlichen Schuldners möglicherweise eine
ganze Reihe erhält. Im Zweifel dürste daher nur die die Vertragsschließenden am wenig-
sten beschwerende Erfüllungsübernahme im Sinne des § 318 Abs. 1 des Entwurfes als
beabsichtigt zu gelten haben. Ist aber der Käufer Vertreter des Verkäufers bezüglich der
Schuldersüllung, so steht ihm schon nach allgemeinen Grundsätzen das Recht zu, die Forderung
zu kündigen, und dem Gläubiger die Befugniß, die Kündigung an den Grundstückseigenthümer
zu richten.
») Meine Abhdlg. im Arch. f. civ. Pr. Bd. 74 S. 179 flg.

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