Literatur.
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(Suthirfiaaieu mit. Eine Lücke blieb: es fehlte bisher an einer Zusammenstellung der in den
wichtigsten Staaten bereits geltenden von einander abweichenden oder auch übereinstimmenden
Rechtsnormen auf dem Gebiete des internationalen Privatrechts. Dieser Mangel war um so
empfindlicher, als eine Bearbeitung des internationalen Privatrechtes ohne Kenntniß der
einzelnen positiven Landesrechte, wie von Bar zutreffend bemerkt, nicht leicht möglich ist,
wenn man sich nicht in haltlose Hirngespinnste verstricken will. Das oben angezeigte Buch,
welches Meili soeben veröffentlicht hat, ist geeignet, diese Lücke zu einem guten Theile aus-
zufüllen.
Meili bekleidet die im Jahre 1690 an der Züricher Universität begründete Professur
für internationales Privatrecht und für vergleichende Rechtswissenschaft — die erste Professur
für diese Materie an einer Universität deutscher Zunge — und ist durch seine zahlreichen
verkehrsrechtlichen Schriften als gründlicher Kenner des internationalen Rechtes rühmlich be-
kannt. Sein neustes Werk ist, wie es sich selbst bezeichnet, eine Materialiensammlung aus
dem Gebiete des internationalen Civil- und Handelsrechtes; das internationale Verkehrsrecht
(Eisenbahn-, Post-, Telegraphen- und Telephon-Recht) sowie das internationale Civilprozeß-
und Konkursprozeß-Recht wird wenigstens im positiv-rechtlichen Theile außer Betracht gelassen.
Das Werk zerfällt in vier Theile.
Nach einer Einleitung, welche in erschöpfender Weise die in- und ausländische Literatur
über das gesammte Gebiet des internationalen Civil- und Handelsrechtes angiebt, werden
im ersten Theile die positiven Gesetzesnormen von 19 Staaten einschließlich der von Seiten
der Regierungen etwa vorgeschlagenen neuen Gesetze mitgetheilt. Meili bringt hierbei aus
einem französischen Werke die interessante Notiz,*) daß neben dem Entwürfe eines bürgerlichen
Gesetzbuches für das deutsche Reich ein besonderer Entwurf von 26 Artikeln über das inter-
nationale Privatrecht ausgearbeitet worden sei.
Der zweite Theil enthält zwei private Gesetzesvorschläge. Zunächst wird der Entwurf
wiedergegeben, welchen der Konsistorialpräsident Friedrich Mommsen in Kiel im Archiv für
civilistische Praxis Bd. 61 für das künftige bürgerliche Gesetzbuch des Deutschen Reiches in
Vorschlag gebracht hat. Dann folgt der Entwurf, den Domin-Petrushevecz, ein im Jahre 1871
verstorbener österreichischer Jurist, in seiner 1861 in Leipzig erschienenen Schrift ?röcis d’un
Code du droit international aufgestellt hat.
Der dritte Theil umfaßt die beiden Vertragsprojecte der südamerikanischen Staaten
über internationales Privatrecht, das von Lima (1878) und das von Montevideo (1889),
welche Meili der größten Aufmerksamkeit der europäischen Juristen empfiehlt.
Im vierten Theile endlich werden wichtige Staatsverträge über Fragen des inter-
nationalen Erbrechtes zusammengestellt.
Aus dem Gesagten erhellt, daß Meili's neustes Werk auch dem Praktiker treffliche
Dienste leisten wird. Muß derselbe sich doch, um die Kenntniß ausländischen Rechtes zu
erlangen, häufiger der Vermittlung der Parteien bedienen, als mit dem nobile officium
judicis streng genommen vereinbar ist. Vor Allem aber hat der Verfasser beabsichtigt, in
seiner Sammlung der bestehenden Normen und Projecte eine nothwendige Vorarbeit für die
künftige Redaction eines positiven internationalen Privatrechtes zu leisten, sei es, daß diese
Redaction sich auf das Deutsche Reich beschränkt oder aber, wie Meili vorschlägt, von einer
internationalen Commission einheitlich für alle Culturstaaten ausgeführt wird.
Daß ein Sammelwerk, wie das vorliegende, nicht sogleich beim ersten Angriffe die
erwünschte Vollständigkeit haben kann, hat sich der Verfasser selbst nicht verhehlt. Er erwähnt
*) Dieselbe ist dem bei Alexander-Katz, Erläuternde Anmerkungen zu den Vorschriften
des Entwurfs S. 8 sig. abgedruckten Bericht der Commission vom 31. December 1687 ent-
nommen. ibid, S. 18. D. Red.