Volltext: Sächsisches Archiv für bürgerliches Recht und Prozeß (Bd. 11 (1901))

12.1.15. Anspruch der Parteien auf Ertheilung von Abschriften aus den Prozeßakten (C.P.O. § 299).

Abschriften aus Akten. 483
und bestand namentlich im Gebiete des Preußischen Allgemeinen Landrechts nicht.
In den Fällen aber, wo der Staat als juristische Person für Versehen der Be-
amten — derjenigen, welche ihn verfassungsmäßig im Willen zu vertreten haben
(vergl. B.G.B. §§ 31,89) — verantwortlich gemacht werden kann, hat diese Haftung,
soweit es sich. um ein im Betrieb der fiskalischen Unternehmung vorgefallcnes
Versehen handelt, ihre Quelle nicht im öffentlichen, sondern im Privatrecht. Der
Angestellte, dessen außerkontraktliches Verschulden der Fiskus dem Beschädigten
gegenüber vertreten soll, kommt hier nur als Betriebsgehilfe des Unternehmers,
nicht als Staatsbeamter in -Betracht. Die Beamtenqualität desselben nach ihrer
staatsrechtlichen Seite bildet für die Beürtheilung eines solchen Schadensersatz-
anspruches kein maßgebendes Moment. Fälle der hier fraglichen Art hatte der
§ 39 des preußischen Ausführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetz offenbar
nicht im Auge, wie auch der Hinweis der Motive auf § 29 der preußischen
Grundbüchordnung vom 5. Mai 1872 als auf einen Fall der Anwendung der
Ziff. 2 des § 39 (31 des Entwurfs) in Verbindung mit der vorangehenden Be-
gründung erkennen läßt.

Anspruch der Parteien auf Lrtheilung von Abschriften ans den
Prozeßakten (LPG. § 299).
(Beschluß vom 11. Oktober 1800. Rep. VI 252/1900.)
Nachdem der Klägerin das Armenrecht für die Revisionsinstanz bewilligt
worden ist, hat der Beklagte eine Abschrift ihres Armenrechtsgesuchs erbeten. Der
Gerichtsschreiber hat diesen Antrag- abgelehnt, weil das Armenrechtsgesuch des
Gegners nicht zu den Schriftsätzen gehöre, von denen nach § 299 der Zivilprozeß-
ordnung Abschriften zu ertheilen seien. Der Beklagte, welcher gemäß § 576 der
Zivilprozeßordnung die Abänderung dieser Entscheidung verlangt, hat diese Be-
gründung mit Recht beanstandet; denn das Gesetz spricht nicht von Schriftsätzen,
sondern allgemein von Prozeßakten. Aber die Vorschrift des § 299 ist nicht dahin
auszulegen, daß der Partei das uneingeschränkte Recht auf eine Abschrift der ge-
sammten Prozeßakten zustehen soll, vielmehr muß davon ausgegangen werden, daß
für den Antragsteller ein erkennbares Interesse an der Erlangung der geforderten
Abschrift vorliegen muß. Daran fehlt es hier, wo das Armenrechtsgesuch nichts
enthält als eine weitläufige, von der Partei selbst verfaßte Erörterung thatsächlicher
Verhältnisse, die für die Revisionsinstanz ohne rechtliche Erheblichkeit ist. Darum
war der gestellte Antrag nach seiner jetzigen Begründung abzulehnen, ohne daß damit
das Recht des Beklagten auf Einsicht der Prozeßakten eine Beschränkung erleidet.

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