Full text: Sächsisches Archiv für bürgerliches Recht und Prozeß (Bd. 11 (1901))

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G.V.G. § 70 Abs. 2, 3.

und im gleichen Sinne hat, von diesem Vorbehalt Gebrauch machend, der § 39
-es preußischen Ausführungsgesetzes in Nr. 2 die Ansprüche gegen den Landes-
fisküs wegen Verschuldung von Staatsbeamten den Landgerichten ausschließlich
zugewiesen. Es sind daß dem Wesen nach die gleichen Ansprüche wie die in Ziff. 3
des § 39 bezeichneten, also Ansprüche wegen Ueberschreitung der amtlichen Befug-
nisse oder wegen pflichtwidriger Unterlassung von Amtshandlungen seitens öffent-
licher Beamten (vergl. Entsch. d. R.Ger. XL S. 399 ff.). Hiernach muß eine
Verschuldung eines Staatsbeamten in dieser seiner Eigenschaft vorliegen, und das
ist nur der Fall, wenn das Verschulden zu dem Inhalt des öffentlich-rechtlichen
Dienstverhältnisses in Beziehung steht. Die letztere Voraussetzung trifft, wie das
Reichsgericht schon mehrfach ausgesprochen hat, da nicht zu, wo der Staat zur
Eingehung oder Erfüllung privatrechtlicher Verpflichtungen sich einer Person, welche
Staatsbeamter ist, als seines (privatrechtlichen) Vertreters bedient (Entsch. d. R.Ger.
XVIIIS. 166, XXIX S. 420; Jur. Wochcnschr. 1889 S. 478, Kg. V1184/1889).
Und in den Bereich der ausschließlichen Zuständigkeit der Landgerichte würden auch
solche Ansprüche nicht fallen, welche gegen den Fiskus aus eigenem Verschulden
des Fiskus selbst erhoben sind, wofern von einem eigenen, direkten Versehen der
juristischen Person nach dem maßgebenden Gesetze (vergl. Preuß. Allg. Landrecht
88 81, 82 Theil H Tit. 6) überhaupt die Rede sein kann (Entsch. d. R.Ger.,
LXH S. 415 ff-)- — Vor Allem aber erscheint der 8 39 des preußischen Aus-
sührungsgesetzes als nicht anwendbar auf Ersatzansprüche aus Schädigungen, welche
in einem fiskalischen Betrieb, wie insbesondere dem Eisenbahnbetrieb, sei es durch
mangelhafte Einrichtungen, sei es durch schuldhafte Handlungen oder Unterlassungen
einer im Betrieb angestellten Person, verursacht worden sind. Wird hier der
Staat als unmittelbar Haftpflichtiger auf Grund deö Reichshaftpflichtgesetzes vom
7. Juni 1871 oder des preußischen Eisenbahngesetzes vom 3. November 1838 in
Anspruch genommen, so ist das ein Anspruch nicht gegen den Staat in seinen
öffentlich-rechtlichen, mit der Staatshoheit zusammenhängenden Beziehungen, sondern
gegen den Fiskus als Betriebsunternehmer (Haftpflichtgesetz 8 1), als Eisenbahn-
„gesellschaft" (8 25 des Gesetzes vom 3. November 1838; vergl. Entsch. d. R.Ger.
XXIH S. 222 ff.). Der Fiskus haftet hier gerade so wie ein anderer Unter-
nehmer nach Maßgabe der civilrechtlichen Vorschriften. Allerdings besteht diese
spezialgesetzliche Haftung an sich, ganz abgesehen von einem Verschulden des Unter-
nehmers und seiner Angestellten. Aöer soweit ein solches' Verschulden im Gebiete
jener Gesetze irgendwie rechtlich von Bedeutung sein kann, kommen für dessen Be-
urtheilung staatsrechtliche Normen und Beziehungen nicht in Frage. Gleiches gilt
aber selbst für den Fall, wenn ein Schadensersatzanspruch wegen Beschädigung in
einem fiskalischen Eisenbahnbetrieb außerhalb der gesetzlichen Haftpflicht des Be-
triebsunternehmers gegen den Fiskus erhoben und aus allgemeinen Rechtsgrund-
sätzen auf ein Verschulden von Bahnbeamten gestützt wird. Eine allgemeine
Verpflichtung des Fiskus, für Verschulden seiner Beamten aufzukommen, besteht

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