Full text: Sächsisches Archiv für bürgerliches Recht und Prozeß (Bd. 11 (1901))

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Eger, Die Haftpflicht der Eisenbahn für Versäumung der Lieferfrist.
Verlust und Beschädigung vom Empfang bis zur Ablieferung Ersatz zu leisten
(neues H.G.B. § 429, Vcrkehrsvrdnung ZZ 80—85), sondern auch die Pflicht,
daS Gut rechtzeitig an den Empfänger abzuliefern, d. h. den Transport in der
bestimmungsmäßigen Lieferfrist zu vollenden (neues H.G.B. § 428 Abs. 1, Ver-
kehrsordnung § 63) und daher die Verantwortung für den Schaden, der durch
Versäumung der Lieferfrist entstanden ist, zu tragen. Während abweichend vom
alten Handelsgesetzbuch, welches die Haftung des gewöhnlichen Frachtführers für
Verspätung milder gestaltete, als für Verlust und Beschädigung (Art. 395—397),
das neue Handelsgesetzbuch (§ 429) der Haftpflicht des gewöhnlichen Fracht-
führers sowohl für Verspätung, wie für Verlust und Beschädigung
gleichermaßen den Satz zu Grunde legt, daß der Frachtführer für den hier-
durch entstehenden Schaden haftet, es sei denn, daß der Verlust, die Beschädigung
oder Verspätung auf Umständen beruht, die durch die Sorgfalt eines ordentlichen
Frachtführers nicht abgewendet werden konnten, unterscheidet das Internationale
Uebereinkommen über den Eisenbahnfrachtverkehr in Betreff der Eisenbahnen
die Haftpflicht für Verlust oder Beschädigung (Art. 30) und die Haftpflicht
für Versäumung der Lieferfrist (Art. 39). Während für elftere die
strengen Grundsätze des roosxtum beibehalten wurden, wurde bei Verspätung
eine Milderung der Haftpflicht adoptirt. Bei dieser Milderung ist — wie im
alten Handelsgesetzbuch — von der Annahme ausgegangen, daß es im Allgemeinen
leichter ist, sich gegen Beschädigung und Verlust des Gutes zu schützen, als gegen
Verspätung. Aber abweichend vom Art. 397 des alten Handelsgesetzbuchs wählte
man mit Rücksicht darauf, daß der Begriff der „Sorgfalt eines ordentlichen
Frachtführers" für nicht deutlich genug erachtet und eine Klarstellung dieses Be-
griffes verlangt wurde, an Stelle desselben die Fassung: . . . „sofern sie nicht
beweist, daß die Verspätung von einem Ereignisse herrührt, welches sie weder
herbeigesührt hat, noch abzuwenden vermochte". Zwar wurde hierbei in den Ver-
handlungen ausdrücklich konstatirt, daß mit dieser redaktionellen Aenderung eine
Aenderung in dem Sinne des bisherigen Prinzips („Sorgfalt eines ordentlichen
Frachtführers") nicht beabsichtigt sei. Aber, wenngleich diese Absicht betont wurde,
so läßt sich doch nicht verkennen, daß durch die gewählte Fassung des Art. 39 des
Internationalen Uebereinkommens die Haftpflicht der Eisenbahn strenger gestaltet
ist, als nach dem zu Grunde liegenden Art. 397 des alten Handelsgesetzbuchs und
im Vergleich zu diesem eine Verschärfung erfahren hat (s. hierüber des Näheren:
Kaufmann, Juristische Wochenschrift XXIX S. 106 Ziff. 9a; Eger, Inter-
nationales Uebereinkommen S. 666 ff.; Mittelstein, Zeitschrift für das gesammte
Handelsrecht XLIII S. 442; Rosenthal, Internationales Eifenbahnfrachtrecht
S. 237; Staub, Handelsgesetzbuch § 466 Ziff. 1; A. M. Pappenheim, Das
Transportgeschäft S. 72 ff.; Cosack, Handelsrecht S. 454).
Das neue Handelsgesetzbuch (§§ 456 u. 466) und übereinstimmend damit
die neue Eisenbahnverkehrsordnung (§§ 75 u. 86) haben sich vollständig

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