Kretzschmar, Allgemeine Vorschriften über Rechte an Grundstücken. . 177
nicht mehr, so fehlt es an einer Unrichtigkeit des Grundbuchs, deren Kenntniß
den Rechtserwerb hindern könnte (vergl. Planck unter III1 zu § 892).
Entsprechende Anwendung finden die Vorschriften des § 892, wenn an den
eingetragenen Berechtigten auf Grund seines Rechtes eine Leistung bewirkt oder
wenn zwischen ihm und einem Andern ein nicht auf den Erwerb eines Rechtes
gerichtetes Rechtsgeschäft vorgenommen wird, das eine Verfügung über das Recht
enthält (§ 893).
Dem Leistungsgeschäft ist also zur Seite gestellt eine nicht auf den Erwerb eines
Rechtes — des Rechtes selbst oder einer Belastung an demselben — gerichtete rechts-
geschästliche Verfügung über das Recht sowie eine auf Grund des Rechtes bewirkte
Leistung. Das Leistungsgeschäft enthält ebenfalls eine rechtsgeschäftliche Ver-
fügung, aber nicht über das eingetragene Recht, aus Grund dessen geleistet wird,
sondern über den Gegenstand, dessen sich der Leistende zum Zwecke der Erfüllung
bedient. Mit Rücksicht hierauf mußte das Gesetz das Leistungsgeschäft neben dem
Verfügungsgeschäft besonders aufführen.
Das Leistungsgeschäft erfordert eine Leistung, die auf Grund eines einge-
tragenen Rechtes geschuldet wird. Meist wird das der Leistung zu Grunde
liegende Recht ein begrenztes Recht am Grundstücke sein (Hypothek, Reallast), es
kann aber auch das Eigenthum selbst sein. Wird z. B. ein Grundstück enteignet
oder hat Jemand an einem Grundstücke Schaden angerichtet, so steht dem Schuldner
der Schutz des öffentlichen Glaubens zur Seite, wenn er an den eingetragenen
Eigentümer bezahlt; mit der Zahlung erlischt die Schuld, so daß der Schuldner
bei der Unrichtigkeit des Grundbuchs nicht noch einmal vom wirklichen Eigentümer
in Anspruch genommen werden kann (bezüglich beweglicher Sachen zu vergl.
B.G.B. § 851). Ist ein Widerspruch gegen das Eigenthumsrecht eingetragen, so
ist zu hinterlegen.
Der Leistung des geschuldeten Gegenstandes werden die Erfüllungsersatzmittel
gleichzustellen sein. Ganz unbedenklich ist dies anzunehmen, wenn der geschuldete
Gegenstand unter Verzicht auf das Recht zur Rücknahme hinterlegt oder von dem
eingetragenen Berechtigten ein anderer Gegenstand an Crfüllungsstatt angenommen
wird. Dem letzteren Falle an die Seite zu stellen ist der Aufrechnungsvertrag;
aber auch die einseitige Aufrechnungserklärung bewirkt die Erfüllung und stellt sich
als Leistung im Sinne des § 898 dar.
Als leistende Person kommt außer dem Schuldner auch derjenige in Betracht,
dem das Gesetz mit Rücksicht auf- sein eigenes Interesse ein selbständiges Recht
zur Befriedigung des Gläubigers verleiht und der daher auch aufrechnen und
hinterlegen kann (§§ 268, 1150).
Der Schutz des öffentlichen Glaubens des Grundbuchs, mit dem § 893
das Leistungsgeschäft ausstattet, hat zur Folge, daß die Schuld durch die Leistung
auch dann erfüllt wird, wenn der eingetragene Berechtigte nicht der wirkliche Be-
rechtigte war. Der Schuldner erlangt also einen Anspruch auf Löschung des durch
Archiv für Bürgerl. Recht u. Prozeß. XI. 12