Full text: Sächsisches Archiv für bürgerliches Recht und Prozeß (Bd. 11 (1901))

174 Kretzschmar, Allgemeine Vorschriften über Rechte an Grundstücken.
Glaube des Grundbuchs nicht zu decken, ebensowenig Willensmängel, die der
Einigung oder den sonstigen Erklärungen der Betheiligten anhaften. Denn der
öffentliche Glaube des Grundbuchs bewirkt nur, daß das Recht, um dessen Ueber-
tragung oder Belastung es sich handelt, als nach dem Inhalte des Grundbuchs
bestehend und der ohne eine ersichtliche Verfügungsbeschränkung eingetragene Be-
rechtigte als der wirkliche, in der Verfügung nicht beschränkte Berechtigte gilt.
Infolgedessen nehmen an dem Schutze des öffentlichen Glaubens weiter nicht
theil Legitimationen, die nicht dem Grundbuche zu entnehmen sind, wie z. B.
die Legitimation des Erben, des Testamentsvollstreckers, des gesetzlichen Vertreters
eines Geschäftsunfähigen oder einer juristischen Person, des Konkursverwalters.
Hier sorgt die Vorschrift des § 29 der Grundbuchordnung, wonach eine solche
Person ihre Vertretungsmacht, wofern sie beim Grundbuchamte nicht offenkundig-
ist, durch eine öffentliche Urkunde nachzuweisen hat. Durch diese Vorschrift soll
der Gefahr unrichtiger Buchungen vorgebeugt werden; verletzt der Grundbuch-
beamte die Vorschrift und entsteht hierdurch Schaden, so hat der Beeinträchtigte
nach Z 12 der Grundbuchordnung einen Anspruch auf Schadenersatz gegen den
Staat. Zum Theil greifen bei den Zeugnissen auch wieder Schutzvorschriften
von der Art des öffentlichen Glaubens des Grundbuchs Platz. Man nehme z. B.
an, der Erblasser A sei zu Unrecht als Eigenthümer eines Grundstücks ein-
getragen. A hat zu einer Zeit, wo er geschäftsunfähig war, den mit ihm nicht
verwandten B zu seinem Erben eingesetzt. B erlangt auf Grund des nichtigen
Testaments einen Erbschein und läßt das Grundstück unter Vorlegung des Erb-
scheins an 6 auf.' Hier wird C Eigenthümer des Grundstücks, obwohl A nicht
der wirkliche Berechtigte und B nicht Erbe des A war. Diese Wirkung ist nur
zum Theil auf den öffentlichen Glauben des Grundbuchs zurückzuführen, zum
anderen Theile beruht sie auf der Vorschrift des tz 2366, wonach in einem Falle
wie dem unterstellten, der Inhalt des Erbscheins zu Gunsten des Erwerbers des
Rechtes als richtig gilt. Also ganz die gleiche Vermuthung wie in § 892. Im
Uebrigen kennt das Bürgerliche Gesetzbuch, worauf Amtsrichter Ramdohr in
seiner lehrreichen Abhandlung über das Rechtsprinzip zum Schutze mangelhafter
menschlicher Erkenntnißfähigkeit im Bürgerlichen Gesetzbuch (Gruchot XLIV) auf-
merksam macht, einen Fall, wo die Legitimation eines Vertreters sich aus dem
Grundbuche selbst ergiebt und wo der öffentliche Glaube des Grundbuchs sich
demnach auch auf die Person des Vertreters erstreckt. Es ist dies der Fall,
wenn nach 8 1189 bei einer Hypothek der in 8 1187 bezeichneten Art für den
jeweiligen Gläubiger ein Vertreter, sog. Treuhänder, bestellt wird, dessen Be-
stellung im Grundbuche eingetragen werden muß und der im Rahmen der ihm
ertheilten Vollmacht mit Wirkung für und gegen jeden späteren Gläubiger Ver-
fügungen über die Hypothek treffen kann.
Die Berufung des Erwerbers eines Rechtes auf den öffentlichen Glauben
des Grundbuchs wird durch zweierlei Umstände ausgeschlossen, nämlich einmal

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