Full text: Sächsisches Archiv für bürgerliches Recht und Prozeß (Bd. 7 (1897))

88 Zwangsvollstreckung, b a ares Geld, Freigabe.
ist vornehmlich zu berücksichtigen, daß nach der eigenen Darstellung der Klägerin
anzunehmen ist, sie sei ihrem Reisenden R. gegenüber verpflichtet gewesen, den
durch dessen Entsendung nach Europa entstehenden Aufwand zu tragen und ihm
die hierzu erforderlichen Mittel durch Mitgabe eines Baarbetrages in amerika-
nischem Gelbe und eines „Kreditbriefes" vorschußweise zu gewähren. Das ent-
spricht auch der regelmäßigen Gestaltung des Verhältnisses zwischen dem Beauf-
tragten und dem Auftraggeber (8. 1314 des B.G.B.'s). Es hat also durch
Auszahlung des Baarbetrages und durch Aushändigung des Kreditbriefes eine
Geldschuld der Klägerin gegenüber ihrem Beauftragten im Voraus erfüllt werden
sollen. Schon aus diesem Grunde muß angenommen werden, daß R. wie schon
bei der Entgegennahme des Baarvorschusses aus den Händen seiner Prinzipalin
so auch bei der Erhebung von Geld auf den Kreditbrief bei den darin genannten
Firmen, insbesondere bei der Firma Altmann & Stettheimer, den Willen gehabt
haben, Eigenthum daran für sich zu erwerben, indem er diese Geldbeträge als
einen Theil der ihm vertragsmäßig zukommenden Gebührnisse betrachtete.
In Betreff der Ausübung des auf diese Weise erlangten Eigenthumsrechtes
war allerdings R. in seinem Verhältnisse zur Klägerin, seiner Auftraggeberin,
vertragsmäßig insofern beschränkt, als er das Geld nur in ihrem Interesse und
zwar zu einem ganz bestimmten Zwecke, nämlich zur Bestreitung des Reiseauf-
wandes, verwenden durste. Diese Beschränkung schließt aber keineswegs den Be-
griff des Eigenthums aus. Es ist gerade bei dem Gelbe, dem allgemeinen Tausch-
mittel, streng zu scheiden zwischen der juristischen und der ökonomischen Seite; es
ist durchaus nicht immer der Eigenthümer, welchem der Nutzungswerth des Geldes
zu Gute kommt.
Es kommt mit anderen Worten bei dem Gelbe weniger darauf au, daß
man Eigenthümer einer gewissen Zahl von Geldstücken ist, als daß man eine be-
stimmte Menge eines allgemein anerkannten Machtmittels seinen Zwecken dienst-
bar machen kann. Das Letztere läßt sich ebenso gut erreichen mit Hülse eines
blosen Anspruches gegen einen Anderen des Inhaltes, daß dieser Andere eine be-
stimmte Geldsumme im Interesse des Forderungsberechtigten aufzuwenden hat,
vorausgesetzt natürlich die Zahlungsfähigkeit und Zahlungsbereitschaft des Ver-
pflichteten. Hiermit hängt es zusammen, daß im täglichen Leben, welches nicht
streng zwischen juristischen und wirthschaftlichen Begriffen scheidet, die Frage, wessen
Zwecken im einzelnen Falle eine Summe Geldes zu dienen bestimmt sei, mit der
anderen Frage oft verwechselt wird, wem die einzelnen Geldstücke eigenthümlich ge-
hören. So behauptet der Sparkasseneinleger von sich, es „gehöre" ihm ein der
Höhe seiner Einlage entsprechender Theil des Sparkassenvermögens, auch wenn ihm
noch nicht infolge Abforderung seiner Einlage eine gewisse Anzahl Geldstücke aus-
gezahlt worden ist, und meint damit nur, daß er jederzeit einen verhältnißmäßigen
Theil des Sparkassenvermögens seinen wirthschaftlichen Zwecken dienstbar machen
könne. So beauftragt der Privatmann, welcher ein Guthaben bei einer Bank hat,

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